: Verordnen statt Vermeiden
Töpfer legt Entwurf für eine Novellierung der Verpackungsverordnung vor / Geringere Recyclingquoten und längere Fristen für die Industrie ■ Von Nicola Liebert
Berlin (taz) – Die Verpackungsverordnung wird novelliert – das Duale System soll weiter bestehen bleiben. Der neue Entwurf, den Umweltminister Klaus Töpfer den Staatssekretären der Bundesländer vorlegte, ist vor allem eine Reaktion auf die Probleme, die Industrie und die Duales System GmbH mit dem Recycling der gebrauchten Verpackungen haben.
Die noch geltende Verpackungsverordnung sieht vor, daß ab Mitte 1995 64 Prozent der gebrauchten Plastikverpackungen recycelt werden müssen. Die Industrie hatte jedoch jetzt schon erhebliche Schwierigkeiten, den gesammelten und aussortierten Plastikmüll zu recyceln. Der vorliegende Entwurf sieht jetzt längere Fristen und niedrigere Verwertungsquoten vor: Erst ab 1996 müssen 50 Prozent und ab 1998 60 Prozent der Plastikbecher, -flaschen und -folien verwertet werden. Auch bei allen anderen Verpackungsmaterialien werden die bisher vorgesehenen Recyclingquoten herabgesetzt. Was nicht recycelt werden muß, darf schlicht verbrannt werden.
Als Bonbon für Umweltschützer will Töpfer aber zumindest festgelegt sehen, daß die Hälfte der zu recycelnden Plastikverpackungen auch tatsächlich „werkstofflich verwertet“ wird. Damit ist gemeint, daß aus den Joghurtbechern und Chipstüten entweder wieder Joghurtbecher und Chipstüten werden (wofür es aber bisher kein funktionierendes Verfahren gibt) oder daß zumindest andere Plastikgegenstände daraus gemacht werden.
Dies gilt jedoch nur, „soweit eine entsprechende hochwertige Verwertung technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist“. Wenn die Recyclingverfahren nicht funktionieren oder zu teuer sind, dann muß die Industrie sie mithin auch nicht anwenden. Bereits jetzt setzen die Entsorger vorwiegend auf das sogenannte rohstoffliche Recycling: Der Plastikmüll wird chemisch zerlegt, so daß wieder Öl daraus wird. Das ist zwar auch unwirtschaftlich, aber das Duale System (DSD) schießt die nötigen Beträge zu. Bezahlen darf der Verbraucher, auf den die Gebühren für den Grünen Punkt abgewälzt werden.
Immerhin plant Töpfer auch, daß künftig auf den Verpackungen die Kosten für deren Entsorgung aufgedruckt werden. Der Handel hat bereits mit vehementen Protesten gedroht. Der neue Entwurf legt auch fest, was passiert, wenn die Recyclingquoten nicht eingehalten werden: Dann muß der Handel die Verpackungen zurücknehmen und für alle Getränkeverpackungen und einige andere Verpackungen Pfand erheben.
Die Bundesländer sind jedoch nicht zufrieden. Die SPD-regierten Länder hatten für einen Ausbau der Mehrwegsysteme, für ein Verbot umweltschädigender Verpackungen, insbesondere aus PVC, sowie für eine Verpackungsabgabe plädiert. Nichts davon findet sich in Töpfers Entwurf. Seine Begründung: Die EG würde sonst die ganze Verpackungsverordnung kippen. Noch im Dezember soll der Bundestag über den Entwurf abstimmen.
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