piwik no script img

„Vernünftige Forderungen“

Rechtsausschuss verhandelt auf Antrag der PDS mit Justizsenator Wieland über die Forderungen der Gefangenen der JVA Tegel für verbesserte Haftbedingungen

Bei der ersten Sitzung des Rechtsausschusses nach der Sommerpause stand gestern eine Aussprache über den Hunger- und Durststreik von Gefangenen der Justizvollzugsanstalt Tegel auf der Tagesordnung. Wie berichtet hatten etliche Insassen im August fast drei Wochen für bessere Haftbedingungen die Essensaufnahme verweigert. Nachdem die PDS-Abgeordneten Minka Dott und Michael Nelken den Gefangenen zugesagt hatten, ihr Anliegen am 6. September im Rechtsausschuss zur Sprache zu bringen, hatten diese die Aktion vorläufig ausgesetzt.

Justizsenator Wolfgang Wieland (Bündnis 90/Grüne) fasste die Situation gestern mit den Worten zusammen: Die Forderungen der Gefangenen seien „in erstaunlichem Maße vernünftig“. Der Abbau der Überbelegung, bauliche Veränderungen und mehr Personal seien angesichts der katastrophalen Haushaltslage jedoch allenfalls mittelfristig zu verwirklichen. Zugesagt worden sei ihnen aber, dass bei Hitze donnerstags und sonntags auf den langen Riegel – einen fast 20-stündigen Einschluss der Insassen – verzichtet werde. „Ich würde ihn am liebsten ganz aufheben“, sagte Wieland. Das ginge jedoch nicht, da mit dem langen Riegel Überstunden des Personals abgebaut würden.

Bei der Drei-Minuten-Duschregelung handle es sich nur um ein Richtwert, so Wieland weiter. „Wenn der Kopf noch eingeseift“ sei, werde das Wasser auch länger angestellt. Durch eine Veränderung der Essenstransportbehälter sei jetzt außerdem garantiert, dass die Speisen „65 Grad warm“ bei den Gefangenen ankämen.

Wolfgang Wieland forderte die neue Insassenvertretung der Tegeler Gefangenen – die bis Mitte September gewählt sein soll – auf, der Anstaltsleitung Vorschläge für sinnvolle Freizeit- und Gruppenangebote zu unterbreiten. Die Abgeordneten verständigten sich gestern darauf, dass bei der kommenden Sitzung des Rechtsausschusses der Tegeler Anstaltsleiter Lange-Lehngut gehört werden soll. Außerdem soll dann der Justizsenator seine grundlegenden Gedanken zu einer Strafvollzugsreform vortragen.

PLUTONIA PLARRE

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen