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Verhallende Botschaften

■ Gandhi-Programm im BGH Weserterrassen

Als der Schweizer Rene Bardet in den 70er Jahren sein Projekt Poesie & Musik ins Leben rief, war dies u.a. auch Ausdruck einer bestimmten geistigen Strömung und einer Offenheit für metaphysische Tendenzen (z.B. die indianische Philosophie). Wenn Musiker heute ein aus Texten und Musik zusammengestelltes Programm zu Mahatma Gandhi machen, mögen sie so manches treffen, aber sicher nicht den Zeitgeist. Es lag also nicht nur am kulturellen Konkurrenzangebot, daß sich am Samstagabend nur etwa dreißig Leute eingefunden hatten, um sich das Gandhi-Programm der süddeutschen Gruppe Aufwind anzuhören - trotz der attraktiven Gastmusiker Büdi Siebert und Ralf Illenberger.

Die Texte und Gedanken Gandhis sind sicher auch heute nicht weniger richtig als zu seinen Lebzeiten, aber sie wirken antiquiert, überholt, manchmal auch peinlich transzendental. Der von den Protagonisten intendierte Bezug zur heutigen Realität erweist sich als konstruiert oder auch als schaler Aufguß von Binsenweisheiten (der Staat als 'seelenlose Maschine‘).

Leider vermag auch die Musik das nicht zu überwinden: kaum einmal entsteht ein lebendiges, Reibung schaffendes Verhältnis zwischen Texten und Klängen. Von einzelnen Ausnahmen abgesehen, wird die Musik auf eine atmosphärische Hintergrundkulisse für die Texte Gandhis reduziert. Wenn da oft von Gott oder Religion die Rede ist, greifen Sitar, Keyboards, Flöte, Gitarre und Percussion meist auf verhal

ten-meditative Muster zurück, die nicht weit von New Age -Beliebigkeit entfernt sind. Und wenn schon mal aus diesem Schema ausgebrochen wird, müssen Blues oder Tango herhalten

-was hat das nun wieder mit Gandhi oder Indien zu tun?

Die billige Übertragung der Gandhi-Botschaft auf BRD -Verhältnisse versagte genauso wie der Dia-Projektor. Und trotzdem gab es zwei sehr schöne Momente in diesem Konzert, als Ralf Illenberger und Büdi Siebert sich nach der Pause zu einem Duett mit jeweils einer eigenen Komposition trafen: Da entstanden dann die für Illenberger so typischen Lautmalereien, und Büdi Siebert konnte endlich einmal aus seiner Zuliefererfunktion am Keyboard ausbrechen und sich mit dauernden rhythmischen Brechungen expressiv am Saxophon austoben - eine Wohltat an diesem trüben Abend. Jü

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