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Verfassungsklage gegen Hamburgs Polizeigesetz

■ Einigung über Lauschangriff macht stadtstaatliche Schnüffelpraxis verfassungswidrig

Das seit August 1991 angewendete Hamburger Polizeigesetz ist verfassungswidrig. Diese Auffassung bekräftigte gestern Rechtsanwalt Gerhard Strate nach der sich anbahnenden Einigung in Bonn über den „Großen Lauschangriff“(siehe Berichte Seite 2). „Wenn ein Lauschverbot für Berufsgeheimnisträger im Grundgesetz verankert wird“, so Strate, „geht die Verfassungsbeschwerde gegen das Polizeigesetz durch.“

Der Anwalt sowie der Hamburger Pastor Christian Arndt und der GAL-Abgeordnete Manfred Mahr hatten 1991 Verfassungsklage gegen die Novellierung des Polizeirechts und gegen das „Gesetz zur Datenverarbeitung bei der Polizei“eingereicht, über die bis heute noch nicht entschieden ist. Im Mittelpunkt der Kritik steht der Passus, der die „Datenerhebung durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel“ausdrücklich billigt, auch „wenn unvermeidbar Dritte betroffen werden“.

Derartige Lauschangriffe „zur Gefahrenabwehr“können in der Elbmetropole im Eilverfahren vom Polizeipräsidenten angeordnet werden – auch gegen Anwälte, Ärzte, Pastoren und Journalisten. Und von diesem Persilschein machte die Polizei auch Gebrauch. So zapften Fahnder beispielsweise im Entführungsfall Reemtsma 1996 das Telefon von Pastor Arndt ohne dessen Wissen an, als dieser von der Familie als Vermittler eingeschaltet wurde.

Innenbehördensprecher Wolfgang Brand sieht, anders als Strate, „keinen Zusammenhang“: „Die Ländergesetze regeln den Lauschangriff zur Gefahrenabwehr, der Lauschangriff zur Strafverfolgung bedarf hingegen einer Grundgesetzänderung.“Nach der schwarz-roten Bonner Einigung sollen vom Lauschangriff künftig aber Abgeordnete, Priester und Anwälte ausgenommen, belauschte Gespräche von Ärzten und Journalisten nur „vermindert verwertbar“sein.

Aber auch gegen diese Formel kündigen die Grünen Widerstand an: „Hamburg wird sich im Bundesrat laut Koalitionsklausel enthalten, was einer Gegenstimme gleichkommt“, so Mahr. Nach der in Bonn formulierten Einigung seien Anwälte und Pfarrer, so GAL-Landesvorständler Peter Schaar, nur in ihrer Eigenschaft als „Seelsorger oder Strafverteidiger“ausgenommen. Anwälte, Abgeordnete, Pfarrer, Ärzte und Journalisten suchen ihre Informanten, Patienten und Klienten aber auch in deren Wohnungen auf und wären dann mit dem Lauschangriff konfrontiert.

„Grundsätzliche Kritik“am „Lauschangriff gegen den Rest der BürgerInnen“übt ebenfalls der Hamburger Datenschutzbeauftragte. Der zuständige Referent Ulrich Werner: „Es gibt schon heute das Problem bei einer Telefonüberwachung, daß man ungewollt in eine Abhörmaßnahme reingerät.“Er prangert deswegen einen erneuten Eingriff in die Privatsphäre an. Werner: „Familienangehörige haben ein Zeugnisverweigerungsrecht. Aber was ist das wert, wenn eine Wohnung abgehört wird?“

Kai von Appen

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