: Vereint gegen buten & binnen
■ Grobecker beschuldigt Sender, "Regie" bei Demonstrationen zu führen / Demonstraten: "Realitätsverlust"
Finanzsenator Claus Grobecker war ganz in seinem Element: Bester Laune und lauthals dröhnte er gestern wie ein Alleinunterhalter durch die Lobby der Bürgerschaft. Gesprächsthema immer wieder: Grobeckers Brachial- Auftritt am Donnerstag abend bei Buten § Binnen. Nach langer B & B Abstinenz hatte sich Grobecker für einen Auftritt, bei dem es eigentlich um den Haushaltsnotstand Bremens gehen sollte, etwas ganz besonderes vorgenommen. Er wollte dem Sender wegen unliebsamer Berichterstattung mal so richtig die Meinung sagen. Motto des Politiker-Auftritts: „Wenn hier einer Fragen stellt, dann in ich das.“ Und so bombadierte er den Moderator Christian Berg pausenlos mit dem lautstarken Begehren, der möge ihm doch mal gefälligst seine Meinung sagen. „Bremen braucht keinen Staatskommisar. Da sagen Sie jetzt mal was dazu.“
Auf die Palme hatte den Finanzsenator die Berichterstattung von B & B in den letzten Wochen. Da hatte der Sender kritisch über die Mangelsituation im Bildungsbereich, an den Hochschulen und in den Kindergärten berichtet.
Und als besonderen Clou präsentierte Grobecker die Behauptung, daß ein B & B-Reporter in der Bürgerschaft bei einer Demonstration von Hochschulstudenten die „Regie geführt“ hätte. Auf die Frage, woher er diese Weisheit beziehe und ob er bei der Demonstration überhaupt anwesend gewesen war, blieb er dann die Antwort schuldig.
Tatsächlich hatte bereits Bürgerschaftspräsident Dieter Klink am nachmittag bei der Demon
stration in der Bürgerschaft die Behauptung aufgestellt, daß eine „gewisse regionale Fernsehanstalt“ das Demonstrationsverbot im Parlament aufweichen wolle. Hintergrund des Vorwurfs, das das Fernsehen die Ereignisse, über die es berichtet, selbst inszeniere, war die Beoachtung, daß sich der Reporter vor der Aktion mit den späteren Demonstranten unterhalten hatte.
Die Demonstranten selbst haben den Klink- und Grobecker- Vorwurf zurückgewiesen. Die StudentInnen der Hochschule hatten für mehr Personal und den Ausbau der Hochschule demonstriert. In einem Offenen Brief heißt es: „Der Versuch des Bür
gerschaftspräsidenten und des auf dessen Zug aufgesprungenen Finanzsenators (um sachliche Angaben in einem Interview zu umgehen) diese berechtigten Forderungen als Pressespektakel abzuklassifizieren, ist nur durch psychologische Angespanntheit bei der Verwaltung eines Bankrottunternehmens (Bremen) und dadurch ausgelösten Realitätsverlust zu erklären."
Gestern nachmittag relativierte Dieter Klink seine Vorwürfe. Es gehe nicht darum, daß der Reporter etwas inszeniert habe, sondern daß die Anwesenheit des Mediums Fernsehen Demonstrationen in der Bürgerschaft fördere. hbk
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