piwik no script img

Archiv-Artikel

Verdächtiger Verdacht

Nach einem Einbruch klebt die Polizei ein Plakat, auf dem die Bevölkerung um Mithilfe gebeten wird. Pauschal im Verdacht: Südosteuropäer

VON UWE RADA

Ein versuchter Einbruch bei einer Werbeagentur in Prenzlauer Berg wirft Fragen nach der polizeilichen Fahndung auf. Nach dem Vorfall in der Nacht vom 24. auf den 25. Juni klebte die Polizei ein Plakat an das betroffene Haus in der Christburger Straße. Darin wird die Bevölkerung aufgefordert, „wichtige Beobachtungen“ zu melden. Dazu zählen laut Polizei „Unbekannte“, die sich vor dem Haus aufgehalten oder an Fenstern und Türen zu schaffen gemacht hätten (siehe Kasten).

In einem Punkt jedoch wird der Hinweis konkret. Meldung erstatten soll auch, wer Beobachtungen wie diese macht: „Zwei bis drei Unbekannte – vermutlich Südosteuropäer – haben sich vor oder im Haus, auf dem Grundstück oder an der Gebäuderückseite aufgehalten.“

Rassismus bei der Fahndung oder konkretes Verdachtsmoment? Polizeisprecherin Verena Enko verweist auf Letzteres. „Dem entsprechenden Abschnitt sind die Plakate bekannt“, sagt sie. „Es handelt sich dabei um Ergebnisse vorangegangener Zeugenbefragungen.“ Eine „pauschale Verdächtigung“, so Enko weiter, habe man damit nicht formuliert.

Oder etwa doch? „Das ist weniger ein konkretes Fahndungsplakat als vielmehr ein allgemeines Formblatt“, sagt Gunnar Heymann, der Mitinhaber der betroffenen Werbeagentur. Zusammen mit seinem Kompagnon hat Heymann ein eigenes Plakat an die Haustür gehängt. Von Südosteuropäern ist darin keine Rede, nur von „verdächtigen Beobachtungen“, die man der Polizei melden sollte. Grund für die Plakataktion ist laut Heymann nicht nur der Vorfall Ende Juni, sondern ein vollzogener Einbruch Anfang März. Bei dem hatten die Täter mehrere Computer gestohlen. „Bei Büros im Erdgeschoss ist das in der Christburger Straße schon mehrmals passiert“, so Heymann.

Was ebenfalls für ein allgemeines Formblatt ohne konkreten Tatverdacht spricht, ist neben den allgemein gehaltenen „Beobachtungen“, um die die Polizei bittet, die Kennung des Plakats. Aus der geht nämlich hervor, dass der Aufruf im Juli 1999 in einer Auflage von 2.500 Stück gedruckt wurde. Außerdem ist die Telefonnummer, bei der sich die Bevölkerung melden soll, schon lange veraltet. Dies bestätigte der taz der diensthabende Beamte im Referat „kriminalpolizeiliche Sofortbehandlung“.

Polizeisprecherin Enko versprach, am heutigen Montag den offenen Fragen bei dieser Fahndung auf den Grund zu gehen.