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Vater aller Saxophone

■ Heute abend: Steve Lacy – Virtuose des Sopransax / Eigene Flageolett-Technik

Mit Steve Lacy kommt einer der ganz Großen seines Instruments nach Bremen. Altmeister Sidney Bechet bezeichnete ihn als den Vater des modernen Sopransaxophonspiels. Denn Lacy erweiterte den Tonumfang seines Sopransaxophons auf vier Oktaven und entwickelte eine spezifische Flageolett-Technik. Typisch für seinen Sound sind meist in Achtelnoten strukturierte Motivketten, die von kurzen, stoppenden Phrasen durchbrochen werden. Ursprünglich vom Dixieland kommend, führte ein Zusammentreffen mit Cecil Taylor Mitte der 50er den Saxophonisten in avantgardistische Kreise ein. Nach kurzen Zwischenspielen im Gil Evans Orchestra und bei Jimmy Guiffre spielte Lacy anfang der 60er kurze Zeit in der Band von Thelonius Monk, mit dessen einzigartiger Musik sich Lacy seitdem immer wieder beschäftigte. Er gilt als einer der wichtigsten Monk-Interpreten. Seit Ende der 60er lebt und arbeitet der gebürtige New Yorker in Europa und etablierte sich hier als führende Stimme der europäischen Jazz-Avantgarde. Neben der regelmäßigen Arbeit mit seinem Sextett und dem seit 1978 bestehenden Duo mit dem Pianisten Mal Waldron, ist Lacy immer wieder als Solist hervorgetreten. Lacy ist nicht nur ein Virtuose, dessen innovative Spielweise richtungsweisend im zeitgenössischen Jazz wurde, sondern auch ein vielbeachteter Komponist. So erhielt er u.a. den Kompositionsauftrag der französischen Republik zur 200-Jahr-Feier der Revolution.

Als Gast der Improvisationen-Reihe der MIB wird er zunächst einen Solo-Set gestalten und anschließend mit den Mitgliedern des HCL-Ensembles in verschiedenen Konstellationen vom Duo bis zum Quintett zu hören sein. Das HCL-Ensemble (Hannes Claus-Schlagzeug, Hans Kämper-Posaune, Sebastian Venus-Piano, Reinhart Hammerschmidt-Baß) schafft mit seiner Verschmelzung von Free-Jazz, Geräuschcollagen und Neuer Musik ungewöhnliche Soundlandschaften, bei denen sich selbst in den wildesten Kollektivimprovisationen noch Rudimente melodisch oder rhythmisch strukturierter Formeln und versprengte Zitate anderer Stile erkennen lassen.

Arnaud

Heute um 21 Uhr im MIB-Saal, Buntentorsteinweg 112

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