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Das PortraitUrururenkelin

■ Blanca Moctezuma

Die aztekische Prinzessin sieht man ihr auf den ersten Blick nicht an. Dabei ist Blanca Moctezuma, wie ihr Familienstammbaum beweist, eine legitime Nachfahrin des letzten freien Aztekenkönigs Moctezuma.

Seit die 39jährige Hausfrau ihre illustre Herkunft vor ein paar Jahren entdeckte, ist sie von einer Idee besessen: Der legendäre Kopfschmuck, den sie für die geraubte Krone ihres ermordeten Vorfahren hält und der zur Zeit noch das Völkerkundemuseum in Wien schmückt, soll endlich zurück nach Hause. Das prachtvolle gefiederte Halbrund sei das „Symbol unserer verlorenen Identität“, sagt Moctezuma, und es könne den MexikanerInnen heute mehr denn je von Nutzen sein.

Schon seit fast zehn Jahren nervt ihr Landsmann Antonio Gomora alias Xokonoschtletl die Wiener Behörden mit seinen rituellen Tänzen für die Rückgabe der 400 fein verflochtenen Schwanzfedern des heiligen Quetzalvogels. Zwar hat der mediengewandte Azteke durchaus hochkarätige Solidarität gewinnen können, darunter sogar den Papst und die holländische Königsfamilie. Für die Österreicher aber bleibt er ein „Scharlatan“, der nicht einmal die offizielle Rückendeckung seiner Regierung habe.

Die Aztekin Blanca Moctezuma Foto: Lucero Gonzalez

Tatsächlich ist der begehrte Schmuck, der nach österreichischer Ansicht „keinesfalls“ von Moctezuma stamme, bislang ein Tabu in den bilateralen Beziehungen gewesen. Nun könnte es gebrochen werden. Denn mit Blanca Moctezuma hat sich erstmals eine direkte Familienangehörige in den Disput eingeschaltet.

Bei ihrem spektakulären Coming-out konnte sie sich erstmals auf die mündlichen Überlieferungen des Moctezumas-Clans berufen. Das brachte die mexikanischen Behörden offenbar auf Trab. Schon ihr Bittbrief an Präsident Zedillo wurde ungewöhnlich schnell beantwortet. Seither geht Blanca in Ministerien und Botschaften ein und aus, eine Expertengruppe bastelt nun hinter verschlossenen Türen an der ersten offiziellen Petition.

Letztlich aber hängt alles vom Goodwill der Österreicher ab. Just damit aber scheint es in Wien nicht allzuweit her zu sein. Museumsleiter Peter Kanns Antwort auf die „absurde“ Forderung Moctezumas: Es sei bedauerlich, „daß die indianischen Völker heute nur ein sehr begrenztes Wissen über ihre eigene Kultur haben, so daß dann in bezug auf ihre Vergangenheit die abstrusesten Geschichten entstehen“. Anne Huffschmid

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