Urteil zu Datenauswertung: Das Handy bleibt Privatsache
Handydaten von Geflüchteten dürfen nicht ohne Grund ausgewertet werden, urteilt das Berliner Verwaltungsgericht. Geklagt hatte eine Afghanin.
Konkret wird dabei etwa festgestellt, an welchem Ort Fotos aufgenommen wurden und welche Sprache in Chats gesprochen wird. Diese Auswertung erfolgt zwar nicht immer, aber in Tausenden von Fällen pro Jahr müssen Flüchtlinge bei der Registrierung kurz ihr Handy abgeben.
Dabei hat sich das Bamf um eine datenschutzfreundliche Lösung bemüht. Nachdem die Daten ausgelesen und mithilfe einer Software ausgewertet wurden, wird nur der Ergebnisreport gespeichert. Die Rohdaten werden gelöscht. Der Ergebnisreport kommt in einen Daten-Safe und wird nur bei Bedarf benutzt, etwa wenn es widersprüchliche Aussagen gibt.
Keine Wahl als Zustimmung
Gegen diese Handy-Auswertung klagte eine 44-jährige Afghanin, die in Berlin lebt und deren Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist. „Auf meinem Handy sind private Nachrichten mit meiner Familie. Ich hatte keine andere Wahl, als der Auswertung zuzustimmen, und wusste gar nicht, was mit meinen Daten genau passiert“, erklärte die Klägerin bei der mündlichen Verhandlung am Dienstag. Ihre Klage wurde von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) initiiert und unterstützt.
Die Klage hatte Erfolg. Das Berliner Verwaltungsgericht erklärte nun die Praxis des Bamf für rechtswidrig. Es sei „nicht erforderlich“, das Handy eines Flüchtlings auszulesen und den Ergebnisreport zu speichern, solange „mildere Mittel“ noch gar nicht ausprobiert wurden – etwa eine Nachfrage bei der Antragsteller:in. „Damit ist klar, dass die routinemäßige Handy-Auswertung des Bamf in der Regel illegal ist“, betonte Matthias Lehnert, der Anwalt der Afghanin.
Das Berliner Gericht ließ wegen der grundsätzlichen Bedeutung eine Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht nach Leipzig zu. Dieses Rechtsmittel kann aber nur das Bamf einlegen, weil es den Prozess verloren hat.
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