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Urteil mit präjudizierender Wirkung

■ Bundesgerichtshof entscheidet über Firmenbeteiligungen bei Stromversorgern. Urteil wirkt sich auf HEW-Verkauf aus

Alle Augen richten sich nach Berlin: Wenn am Dienstag der Bundesgerichtshof über die Beteiligungsverhältnisse bei den Stadtwerken Garbsen und der Stromversorgung Aggertal zu Gericht sitzt, trifft er auch eine Vorentscheidung über die Zukunft der Hamburgischen Electricitätswerke (HEW). Denn die Berliner Juristen müssen über die Rechtmäßigkeit von zwei Firmenbeteiligungen entscheiden, die genau nach dem Strickmuster verliefen, mit dem sich die Preus-senElektra (Preag) und die mit ihr verbandelte schwedische Sydkraft bei den HEW einkauften. Untersagen die Richter beide Beteiligungen, will das Bundeskartellamt auch den Teilverkauf des Hamburger Stromversorgers wieder rückgängig machen.

In den am Dienstag zu verhandelnden Fällen erwarben zwei der größten deutschen Energieriesen – einmal die Preag, einmal die RWE – Minderheitsbeteiligungen an lokalen Stromversorgungsunternehmen. Beide Male versagte das Bundeskartellamt die Beteiligung, da durch den Einstieg der Energiemultis „ihre in diesen Gebieten bereits bestehenden marktbeherrschenden Stellungen in der Stromversorgung auf Dauer abgesichert würden“.

Die Unternehmen legten gegen den Beschluß der Berliner Wettbewerbshüter Beschwerde ein und hatten damit erstinstanzlich Erfolg. Das Kartellamt rief daraufhin den Bundesgerichtshof an, der nun nach Einschätzung der Kartellkontrolleure „ein Urteil mit präjudizierender Wirkung“sprechen wird.

Daß das Kartellamt auch den HEW-Teilverkauf gerne rückgängig machen würde, haben die Wettbewerbshüter bereits deutlich gemacht. Kartellamtssprecherin Elke Zeise: „Wir sehen den Verkauf so kritisch, daß wir ihn untersagen wollen“. Eine interne Bewertung des Kartellamts kommt zu dem Schluß, daß die 25prozentige Beteiligung von Preag und Sydkraft an den HEW vor allem der Preag einen „wettbewerblich erheblichen Einfluß“in Norddeutschland ermöglicht. Das „zu erwartende kooperative Verhalten der Sydkraft“gegenüber der Preag, die 17,6 Prozent der Kapitalanteile an dem schwedischen Energieunternehmen hält, sichert dem Energieriesen aus Hannover nach Auffassung des Kartellamtes sogar „eine faktische Sperrminorität bei den HEW“.

Eine unterschriftsreife Untersagungsverfügung liegt im Kartellamt bereit. Doch mit Blick auf die bevorstehende Berliner Entscheidung sparten sich die Wettbewerbshüter zunächst das Porto. Bestätigt der BGH am Dienstag die Auffassung der Kartellbehörde, so wird der blaue Brief alsbald den Postweg von Berlin nach Hannover antreten.

Unterliegen die Wettbewerbshüter hingegen, so ist zumindest der erste Verkauf von HEW-Aktien an Preag und Sydkraft rechtens. Die bei der Landesbank geparkte Anteilscharge allerdings wird auch bei einer Niederlage des Kartellamtes nicht unbeanstandet den Besitzer wechseln. Marco Carini

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