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■ Urteil: Zwei Jahr Haft auf Bewährung für Markus WolfDie Legende vom edlen Spion

So sieht also die westdeutsche „Sieger-“ und „Rachejustiz“ im Fall des früheren DDR-Geheimdienstchefs Markus Wolf aus: Zunächst kassierte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) das erste Wolf-Urteil wegen dessen Spionagetätigkeit gegen die BRD, im zweiten Anlauf kam Mielkes langjähriger Stellvertreter nun mit einer zweijährigen Bewährungsstrafe davon. Gäbe es tatsächlich die von Wolf wiederholt beklagte politische Justiz, bereit, jenseits von Recht und Gesetz an seiner Person ein „Exempel“ zu statuieren, die Urteile wären gewiß anders ausgefallen.

Nein, Wolf hat keinen Grund, sich über den von ihm jahrzehntelang bekämpften Rechtsstaat zu beschweren. Nach dem 1995 ergangenen BVerfG-Urteil können DDR-Spione, die vom Boden der DDR aus gegen die BRD Spionage betrieben haben, im vereinten Deutschland nicht belangt werden. Diese für den Rechtsfrieden in Deutschland segensreiche Straffreiheit umfaßt allerdings nur die reine Spionagetätigkeit. Von DDR-Spionen begangene Kapitalverbrechen bleiben dagegen weiter strafbar.

Um solche Verbrechen ging es jetzt im zweiten Prozeß. Wolf hat nach der wohlbegründeten Auffassung des Gerichts in vier Fällen persönlich die Anweisung für Freiheitsberaubung und Nötigung gegeben. Doch diese, von der Bundesanwaltschaft erst nach dem BVerfG-Urteil angeklagten Straftaten waren nach BRD-Recht längst verjährt. Daß auch das Düsseldorfer Gericht die von den Anklägern bemühte Krücke des früheren DDR-Rechts in seinem Urteil benutzte, um die Verjährung auszuhebeln, kann man mit guten juristischen und politischen Argumenten kritisieren. Hier zeigt sich gewiß auch ein verschärftes Verfolgungsinteresse gegen jemanden, der nach dem Zusammenbruch der DDR nicht im Sinne der Anklagebehörde auspackte. Aber von Justizwillkür zu reden verbietet sich gleichwohl. Die von Wolfs Mitstreitern beklagte politische Gesinnungsjustiz sieht anders aus. Die Urteile der DDR-Justiz gegen Dissidenten bieten da reichlich Anschauungsmaterial.

Wolf gefiel sich auch in Düsseldorf erneut in der Rolle des edlen Spions, der mit der Repression gegen SED-Gegner nichts zu schaffen hatte. Doch diese Rolle steht ihm nicht zu, denn auch sein Dienst war überall dort unterstützend tätig, wo andere Stasi-Abteilungen solcher Hilfe bedurften. Etwa bei dem Stasi- Zersetzungsterror gegen den Schriftsteller Jürgen Fuchs nach dessen Ausreise nach Westberlin. Dafür trägt Wolf eine Mitverantwortung – auch wenn die nicht justitiabel ist. Walter Jakobs

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