: Urteil: Heroinbesitz
■ Doch ein Vollzugsbeamter soll eine Inhaftierte zu einem sexuellen Verhältnis gezwungen haben
Zu zwei Jahren und vier Monaten Haft ist eine 30jährige Türkin vor dem Bremer Amtsgericht verurteilt worden. Ihr wurde angelastet, 60 Gramm Heroin in die Bremer Frauenhaftanstalt im Blockland eingeschmuggelt und teilweise auch selbst konsumiert zu haben, ehe die Drogen dort sichergestellt wurden. Die Frau, in Bremen geboren und aufgewachsen, doch türkischer Staatsangehörigkeit, war wegen Drogenhandels Anfang '92 für viereinhalb Jahre ins Frauengefängnis gekommen. Der Staatsanwalt hatte in dem neuen Prozeß nun auf zwei Jahre und acht Monate plädiert. Doch das Gericht gestand der Angeklagten Strafminderung zu. Denn ein Zeuge hatte ausgesagt, daß die Inhaftierte ein sexuelles Verhältnis zu einem Vollzugsbeamten hatte.
Dazu wollte die Frau selbst gar nicht Stellung nehmen, und auch der Richter grenzte – offensichtlich informiert – das Thema während der Verhandlung aus. Einen entsprechenden Hinweis der Verteidigerin blockte er ab, nachdem die Angeklagte zögernd gesagt hatte, es falle ihr schwer, darüber zu sprechen. „Ein Beamter wollte mir helfen, in den offenen Vollzug zu kommen“, formulierte sie dann ausweichend. Erst der in dem Fall ermittelnde Kriminalbeamte bestätigte dann, daß zwei Beamte die Inhaftierte zu einer sexuellen Beziehung gedrängt haben. „Das war aber nur mühsam aus ihr herauszubekommen.“ Einen der beiden konnte die Frau abwehren, gegen den anderen läuft inzwischen ein Ermittlungsverfahren.
Erst nach zwei Jahren in Haft hat die junge Türkin dann zu Heroin gegriffen, nachdem sie vorher zwar alkohol-, jedoch nicht drogengefährdet war. Seit Beginn ihrer Inhaftierung habe sie Beruhigungsmittel bekommen – auch dies bestätigten die aussagenden Zeugen. Aus der Krankenakte der Frau war es nicht hervorgegangen. Inzwischen ist die 30jährige tablettenabhängig. Trotz alldem hat sich das Gericht letzte Woche nicht dazu bringen lassen, eine Bewährungsstrafe auszusprechen. Die Verteidigerin vermutet, daß ihre Mandantin abgeschoben werden soll. „Wahrscheinlich möchte man sie nur so lange hierlassen, wie sie als Zeugin im Ermittlungsverfahren gegen den Beamten gebraucht wird.“ sip
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