: „Urin wie Uran“
■ Neue Vorschläge zur Finanzierung der Pflegeversicherung
Bonn/Saarbrücken (ap) — Zur umstrittenen Finanzierung der geplanten Pflegeversicherung haben führende Koalitionspolitiker am Dienstag neue Vorschläge unterbreitet. Der scheidende Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher plädierte mit Blick auf die angespannten Staatsfinanzen dafür, die Pflegeversicherung in zwei Stufen in Kraft zu setzen. Der neue CDU-Generalsekretär Peter Hintze stellte eine Beteiligung von Beamten und Selbständigen an der Finanzierung der Pflegeversicherung zur Diskussion.
In der 'Thüringer Allgemeinen‘ schrieb Genscher am Dienstag, es sollte die Möglichkeit geprüft werden, die Absicherung der häuslichen Pflege und der stationären Pflege zu unterschiedlichen Zeitpunkten in Kraft treten zu lassen. Der häuslichen Pflege sollte nach Ansicht des FDP-Politikers aus menschlichen Gründen Vorrang eingeräumt werden. Genscher äußerte sich allerdings nicht dazu, ob die Absicherung des Pflegerisikos als Privatversicherung — wie es seine Partei bislang gefordert hat — oder im Rahmen der Sozialversicherung realisiert werden soll, wie es große Teile der Union fordern. Hintze lehnte am Dienstag im Saarländischen Rundfunk eine allgemeine Arbeitsmarktabgabe für Selbständige, freiberuflich Tätige und Beamte ab. Es sei allerdings zu fragen wie diese Berufsgruppen „im Rahmen der solidarischen Pflegeversicherung ihren Beitrag leisten können“, fügte der CDU- Generalsekretär hinzu. Er warnte vor einem weiteren Anstieg der Lohnnebenkosten und argumentierte, der Wirtschaftsstandort Deutschland sowie die Konkurrenzfähigkeit von Wirtschaft und Mittelstand dürften nicht durch eine zu starke Belastung der Lohnnebenkosten gefährdet werden.
Der Präsident der Arbeitgeberverbände, Klaus Murmann, forderte im Norddeutschen Rundfunk die Einführung von Karenztagen und eine Trendwende in der Sozialpolitik. Um Karenztage trotz der bestehenden Tarifverträge einführen zu können, müsse zunächst ein veränderter gesetzlicher Rahmen geschaffen werden, meinte Murmann.
Der Vorsitzende des Ärzteverbands Hartmannbund, Hans-Jürgen Thomas, hielt dagegen, die Verknüpfung von Karenztagen mit dem Pflegerisiko sei barer Unsinn: „Karenztage haben mit der Pflegversicherung genau soviel zu tun wie Urin mit Uran“.
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