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■ Urdrüs wahre KolumneHörsturz beim Kühe schlachten

Die Aufforderung der Grünen, heilige Kühe jetzt zu schlachten, scheint mir bei aller Sympathie für das Aufbegehren gegen Space Park und anderen Schnullikram angesichts der Rinderhalden in der EU und auch mit Blick auf die Zerstörung von Bhudda-Statuen in Afghanistan ein etwas schiefes Bild zu sein. Aber wenn das Herzilein voll ist, schwappt die Sprache eben manchmal über – ein Privileg, das man auch der reiferen Jugend getrost einräumen darf.

Sinnstiftende Folklore aus alter Zeit, sie lehrt uns: „Wenn die Herrschenden gesprochen haben, werden die Beherrschten sprechen!“ Und so werden sie dann am kommenden Mittwoch ab 19 Uhr im Kino 46 zusammenkommen, mit Gießkanne, Klappspaten, Akkordeon, Sense und was sich sonst noch so an Argumenten findet, die Kleingärtner und Gartenheimer, Parzellisten und Illegalen aller Hauttönungsgrade, um aufzulöcken gegen das Joch der Vertreibung, das ihnen von den Triefnasen des technisch-ökonomischen Fortschrotts auferlegt wurde. „We shall not be moved“, wird aus dem Chor der Wichtel klingen. Erste Zeichen des Umdenkens sind in den Reihen der Gartenvernichtungsfront schon jetzt zu erkennen ...

Auch in Sachen Hörsturz tut sich was: Die Initiative gegen die organisierte Verflachung von Radio Bremen in Richtung Dudelfunk organisiert für den 16. März im Bürgerhaus Weserterrassen eine ausgesprochen klangvolle Revolte mit ersten Kräften aller Strömungen jenseits der musikalischen Be-rieselungsagenturen. Und wenn das auf Anhieb die RundfunkrätInnen nicht mobilisiert, hilft vielleicht immer noch das tschechische Modell. Mehr unter www.hoersturz.org. Ich empfehle auch die zusätzliche Mobilisierung einer militanten Garde roter Funkenmariechen!

Oops, he did it again. Der Weserreport-Exilant und ewige Gesellschaftsreporter Martin Globisch schafft es in der neuesten Ausgabe seiner Stadtillustrierten „Roland“ insgesamt siebenmal den alkoholfreien Bürgermeister Henning Scherf bei irgendwelchen Suffkopp-Treffen vorrangig ins Bild zu rücken. Übertroffen wird diese Häufung nur durch die etwa doppelt so hohe Zahl von Fotos des Chefredakteurs, Verlegers und Herausgebers Martin G., während der ausdrücklich als Redaktionsmitglied (!) im Impressum benannte volkstümliche Ökonom Professor Rudolf Hickel nur ein einziges Mal abgelichtet wird. Wer also ist der König der Stadt?

Achja, Walter Kempowski heute in der Schlachthof-Kesselhalle. Und der Herr Warheits-Henschel live dabei. Glaub ich nicht, glaub ich einfach nicht. Soll sich der Herr, bittesehr, nicht weiter wundern, wenn er hinterher als gepresste Stinkmorchel im Botanisier-Album des Schulmeisters aus Nartum klebt. Bitte vorher die gemütlichen Filzpantoffeln anziehen, aus der Familienserie „members only“ vom Bertelsmann-Lesering.

Den Gewinner eines Automobils bei der Bürgerpark-Tombola traf ich am Wochenende in der Konditorei Rockmann am Steffensweg in Walle, und obwohl der Herr sein vermeintliches Glück wiederholt beschwor und mit reichlich Kognac zur Tasse Kaffee feierte, ließ er die Gunst des Freigetränks nur über die beiden Damen an seiner Seite fließen. Solche Menschen, sie sind vermutlich Mitglieder der sozialdemokrötischen Vorfeldorganisation „Bremer Hilfe zur Selbsthilfe“ und in ihrer Eigennützigkeit ohnehin zum Leberschaden verdammt. Dann, bitteschön, wollen wir aber angesichts der Majestät des Gilbs kein Jammern hören!

Erste vorwitzige Sonnenstrahlen und an der Post trotz Temperaturen um den Gefrierpunkt ein Mädchen in bauchnabelfreiem „Girl's Camp“-T-Shirt. Die Göre muss sich von einer lebenserfahrenen Passantin sagen lassen, dass sie bald mit den Nieren zu tun bekäme und lächelt daraufhin mit dieser dämlich-überlegenen Sicherheit, die vom Glauben an die eigene Unsterblichkeit geprägt ist. Das Leben weist solche Irrtümer früher nach als man zunächst denkt, weiß Ulrich „Maulwurf“ Reineking

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