: Unterm Strich
Der DDR-Kulturbetrieb wird sich im vereinigten Deutschland auf mehr Wettbewerb und den Wegfall ausschließlich staatlicher „Alimente“ einstellen müssen. Sagte die Bundesministerin für innerdeutsche Beziehungen, Dorothee Wilms am Mittwoch gegenüber 'dpa‘. Einschnitte sieht die Ministerin nicht nur auf den einzelnen Künstler, sondern vor allem auch auf die Fülle kleinerer Theater und Orchester zukommen, die staatlich subventioniert worden seien, ohne daß jeweils nach dem künstlerischen Wert gefragt worden sei. „Jetzt muß sich die Kunstwelt der DDR voll dem weltoffenen Qualitätswettbewerb stellen“, betonte Frau Wilms, die der gemeinsamen Kulturkommission mit der DDR angehört. Es werde sich herausstellen, meinte sie, daß nicht alles erhalten werden könne. Viele Kunstschaffende würden
wohl künftig ihren Lebensunterhalt in erster Linie in der „Gebrauchskunst“ finden. Im August wird die Kulturkommission über weitere Maßnahmen zur Sicherung der kulturellen Aktivitäten und Einrichtungen in der DDR beraten. Das Thema Kultur soll auch im Einigungsvertrag mit der DDR erwähnt werden. Wie in der BRD sollen künftig für Kulturpolitik im wesentlichen die Länder zuständig sein. Finanzhilfe von der künftigen gesamtdeutschen Zentralregierung wird allerdings bei Einrichtungen von nationaler und internationaler Bedeutung notwendig sein. Dies gelte für große Museen und Bibliotheken genauso wie für bedeutende Theater. Einen Sonderfall stelle West- und Ost-Berlin dar, wo es im Fall von Museen eine „Doppelbesetzung“ gebe. Frau Wilms lehnt die Überlegung von DDR-Ministerpräsident Lothar de Mai
ziere ab, der dritten Strophe des Deutschlandliedes die erste der DDR-Hymne „Auferstanden aus Ruinen“ voranzustellen und dies als künftige gesamtdeutsche Nationalhymne zusammenzufügen. Es gebe keinen besseren Text als den der dritten Strophe des Deutschlandliedes.
Die Städtischen Bühnen Frankfurt mit den Sparten Schauspiel, Oper und Ballett werden vom 1.September an in drei selbständige Theater umstrukturiert. Das teilte Kulturdezernentin Linda Reisch mit. Generalmanager Ulrich Schwab ist vom gleichen Zeitpunkt an als Co-Intendant für die Oper im Gespräch. Mit der neuen Organisation werde das Theater „nicht aufgebläht, sondern verschlankt“ (Reisch). Im Hintergrund der neuen Aufteilung steht die Verpflichtung von Peter Eschberg als künftigem Schauspielchef. Er
hatte vertraglich mit der Stadt vereinbart, daß er über einen eigenen Etat und eine eigene Bühnentechnik für das Sprechtheater verfügen und auch selbständig Personalverträge abschließen kann. Mit diesen Zusagen sei in den Vertrag von Generalmanager Schwab „hineingeschnitten“ worden, erläuterte Frau Reisch. Eschberg übernimmt im September 1991 die Leitung des Schauspiels. Nach Rühles Ausscheiden steht jetzt Hans-Peter Doll interimsweise an der Spitze von Schauspiel und Kammerspiel. Schwab, bisher Koordinator für die drei künstlerischen Bereiche, sah sein Arbeitsgebiet als Folge der neuen Entwicklung eingeschränkt. Er kündigte an, demnächst nicht mehr als Generalmanager zur Verfügung zu stehen. Der Etat der Städtischen Bühnen mit rund 100 Millionen Mark könne erst 1991 „minimal angehoben“ werden.
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