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Unterm Strich

Das haben Sie sich so gedacht: am 29. heiraten, und dann gilt's nicht, oder man spart die Geschenke zum Hochzeitstag ein. Daraus wird nichts! Die meisten Standesämter haben nämlich an diesem Tag geschlossen, wenn auch nicht aus pädagogischen, sondern aus gewerkschaftlichen Gründen: Der 29. fällt auf einen Samstag. In Berlin ist mit ungewöhnlichem Andrang ohnehin erst in neun Monaten zu rechnen, wenn der zweistündige Stromausfall des vorgestrigen Tages sich bevölkerungspolitisch segensreich ausgewirkt haben wird und die spontanen Näher- und Weiterungen justiziabel werden. In der taz war der Aufzug wie fast immer zur fraglichen Zeit defekt, während im Treppenhaus reger Berufsverkehr herrschte, so daß hier nicht mit Zuwächsen, außer der Auflage, zu rechnen ist.

Wenn's die Vereinigung nicht gäbe, könnte man nun weiter über dieselbe in anderen Zusammenhängen murmeln. Aber das Private ist ja so unabweisbar politisch, daß alleweil und allerorten gedacht, bekräftigt und begrübelt wird, wie rein die Gesamtweste ist, die Bauch und Buckel Form gibt. So meldet sich auch der VS, von dem man eigentlich nichts mehr hören mag, wieder mal selbstkritisch zu Wort und „begrüßt das Stasi- Unterlagengesetz“: Bereits Ende Januar diesen Jahres hatte der Berliner Landesvorsitzende des VS, Olav Münzberg — wie immer keinen Tag und keine Stunde zu früh — „eingeräumt, daß die erforderliche Aufklärung mit Schmerzen verbunden sei, ,aber durch sie müssen wir durch‘.“ (Beiläufig hatte der VS auf seinem trüben Vereinigungskongreß im Frühjahr 91 im sonnigen Travemünde die Einrichtung eines Vergangenheitsbewältigungsausschusses für seinen Verein beschlossen, um lästige Einzelverfahren zu umgehen. Auf die Arbeitsergebnisse des Ausschusses warten wir noch immer ungeduldig, damit wir auch durch sie endlich hindurchkönnen. Aber gut Ding will Weile haben.)

Mit der ihm eigenen Vergangenheit befaßt sich nun auch der PEN: Nachdem Jürgen Fuchs den Vorwurf erhoben hat, viele MitgliederInnen des westdeutschen PEN hätten zu DDR-Zeiten „in Koexistenz mit der kommunistischen Diktatur gelebt“ (eine allerdings milde Klage, aber man sensibilisiert sich ja), hat PEN-Präsident Gert Heidenreich nun den Münchner Germanisten Georg Jäger beauftragt, die Geschichte des PEN seit dem Zweiten Weltkrieg zu erforschen.

Der Kleist-Preis, der zuletzt Heiner Müller und Gaston Salvatore schmückte, wird in diesem Jahr an die Autorin Monika Maron verliehen. Der diesjährige alleinverantwortliche Vertrauensmann Marcel Reich-Ranicki wird seine Entscheidung am 19.Juni bei der Vergabe in Regensburg sicher überzeugend begründen.

Die geplante, in Anlehnung an unsere Lieblingszeitschrift 'Das Beste aus Readers Digest‘ gedachte, Kolummne „Erweitern Sie Ihren Wortschatz“ ist noch in Arbeit. Dennoch möchten wir Ihnen die heutige Entdeckung weitergeben, bevor sie uns auf den Magen schlägt: die Gasträa, das hypothetische Urdarmtier. Sie glauben nicht, daß es so etwas gibt? Aber gewiß doch. Auch der Kaschmirhirsch stammt von ihm ab.

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