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Unterm Strich

Die Europäisierung des Ostens – in Sachsen schreitet sie unaufhaltsam voran: Im Herbst wird das Leipziger Museum der bildenden Künste in Paris zu Gast sein. Das „Musée du Petit Palais“ zeigt vom 10. September bis 5. Dezember eine Auswahl „wertvollster Meisterwerke“, wie es in der Meldung heißt. Damit hat das kleine Palais die erste Ausstellung auf französischem Boden für sich ergattert, und so dürfen sich die Franzosen nun die deutsche Renaissance mit Werken von Holbein, Cranach und Schongauer, aber auch die holländischen Meister des 18. Jahrhunderts, italienische Zeichnungen des 16. und 17. Jahrhunderts und die deutsche Romantik „in echt“ anschauen.

Quasi im kulturellen Gegenzug ist am Montag in Leipzig das erste gemeinsame französische und britische Kulturinstitut offiziell eröffnet worden. Gemeinsames Anliegen des Institut Français und des British Council ist wiederum die oben erwähnte Europäisierung des Wilden Ostens: Wie die beiden Direktorinnen Claudine Delphis und Susan Barnes auf der Eröffnung kundtaten, gilt es, mit dem Kulturaustausch unter einem gemeinsamen Dach das Verständnis zwischen den eingeladenen Ländern und dem Gastgeberland zu fördern. „Wir wollen zeigen, daß zwei Nationen im Gastgeberland Bundesrepublik voller Solidarität und Toleranz sind“, so Frau Delphis im O-Ton.

Nicht nur für die Freunde des Schottenrocks, auch für den Opernfreund hält Leipzig dieser Tage einen Leckerbissen bereit: pünktlich zum 300jährigen Opernjubiläum schenkt die Stadt ihren Bürgern vom 1. Mai bis zum 3. Juli sieben Premieren, und es wurden weder Kosten noch Mühen gescheut. Opernintendant Udo Zimmermann hat die Festwochen als Jubiläum der Ausnahmewerke konzipiert und international renommierte Künstler nach Leipzig geholt. Den Auftakt bildet am kommenden Samstag Modest Mussorgskijs Oper „Boris Godunow“, die von dem ungarischen Filmregisseur und Oscar-Preisträger Istvan Szabo inszeniert wird. Höhepunkt des Opernreigens wird am 28. Mai die erste szenische Uraufführung eines Werkes von Karlheinz Stockhausen in Deutschland sein.

Und auch Intendant Zimmermann, der Leipzig kulturell auf einer Achse zwischen Warschau und Paris sieht, will mit diesen Festwochen eine europäische Öffnung verwirklichen. Der Konzeption eines möglichst „undeutschen“ Opernjubiläums entspreche es, daß „Boris Godunow“ in russischer Sprache von einem ungarischen Team auf die sächsische Bühne gebracht wird. Der französische Akzent werde mit Jean- Philippe Rameaus Barockoper „Hippolyte et Aricie“ verstärkt. Die Wiederentdeckung des in Deutschland bisher nur vereinzelt aufgeführten Komponisten Rameau sei, so Zimmermann, „ein Anklang an das Vergnügen und den Charme, den Deutschland nie hatte“.

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