piwik no script img

Unterm Strich

Auf die neue Anzeige der Firma Benetton, die 56 weibliche und männliche Geschlechtsteile zeigt, hat die französische Unterhosenindustrie schnell reagiert. Zwei Tage nachdem die linksliberale Pariser Zeitung Libération in der letzten Woche die Benetton-Anzeige veröffentlicht hatte, schaltete die Firma „Eminence“ in der selben Zeitung eine doppelseitige Anzeige mit dem Slogan „Wir ziehen sie lieber an“: 55 männliche Vorderansichten in mehr oder weniger modischem Ripp und Boxershorts. Der Unterhosengigant hat mit dieser Aktion nicht nur sein werbestrategisches Geschick unter Beweis gestellt, sondern bleibt vor allem auch politically correct, beziehungsweise politiquement correct, beziehungsweise politicamente corretto, kurz: sauber. Oliviero Toscanis Werbefoto für Benetton wurde bereits in Italien von mehreren Zeitschriften abgelehnt, und auch das französische Werbeüberwachungsbüro (sic!) hatte sich nicht entblödet, zu einem Anzeigen-Boykott aufzurufen. Libération indes vermeldet, daß sich nur wenige Leser über die Skandalfotos beschwert hätten. Darüber sind gerade wir dann doch sehr erleichtert.

Einigermaßen Unheimliches passiert derzeit bei den Proben für Andrew Lloyd Webbers Musical-Großereignis „Sunset Boulevard“. Weil die elektronische Bühnenhydraulik im Londoner Adelphi Theater bedauerlicher- und unerklärlicherweise auch auf Mobilfunkfrequenzen reagiert, bewegen sich jedes Mal, wenn jemand in der Nähe des Theaters ein Funktelefon benutzt, alle Kulissen. Und die sind immerhin vier Tonnen schwer. Wir finden diese Panne irgendwie demokratisch und auf jeden Fall bedenkenswert: die telefonische Stück-Abbestellung hat es so jedenfalls noch nicht gegeben.

Abbestellt und an die Peripherie gedrängt fühlt sich offenbar auch Dieter Ruckhaberle, langjähriger Direktor der Staatlichen Kunsthalle in Berlin. Kultursenator Roloff-Momin hatte seine Versetzung an den Künstlerhof Buch angeordnet, die Ruckhaberle mit einer einstweiligen Verfügung im März hatte aufschieben können. Nun hat das Landesarbeitsgericht Berlin die Versetzung nach Buch für rechtmäßig befunden, wo Ruckhaberle ein Konzept für die künftige Nutzung und den Ausbau der Künstlerwerkstätten entwickeln soll. Die Kunsthalle soll derweil in die Kulturveranstaltungs- und Verwaltungs GmbH des Landes Berlin integriert werden und stärker als bisher das aktuelle Zeitgeschehen darstellen.

Wir freuen uns ja immer, wenn Verschollenes plötzlich wieder auftaucht oder Unbekanntes gefunden wird. In einem ostböhmischen Schloß fand sich ein verloren geglaubtes Gemälde von Hieronymus Bosch, das unter Berufung auf die Restauratoren als durchaus echt eingestuft wird. Das Gemälde stellt den 12jährigen Jesus im Gespräch mit Schriftgelehrten dar. In China hingegen wurde die vermutlich älteste

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen