piwik no script img

Unterm Strich

Erste und wichtigste Kurzmeldung des Tages: Damen und Herren, halten Sie sich von den Bahnsteigkanten fern. Manchmal, fragen Sie nicht wie, lösen sich da nämlich Schüsse, Querschläger und anderes Getös', und dann müssen plötzlich wichtige Leute Ihretwegen zurücktreten. Und das wär' doch jammerschade.

Wir vermelden mit einigem Stirnrunzeln, daß die Gesellschafter des Aufbau Verlages sich nicht dazu durchringen konnten, den Bestand einer der ältesten Wochenzeitschriften Deutschlands, Die Weltbühne, zu retten, indem sie ihre verjiddischte Umwidmung zur Wildbiene absegneten. Herausgeber Helmut Reinhardt, der sich weiß Gott tapfer geschlagen hatte, mußte die Waffen strecken und wird nun die alte Dame „Weltbühne“ in ihrem 87. Lebensjahr in den Hades schicken. Wollen sehen, ob ein dräuendes Stirnrunzeln aus der linksalternativen tageszeitung ein ordentliches Donnern bewirkt in der Welt. Wahrscheinlich schon.

CCC Publications in Chatsworth, Kalifornien, haben endlich den Wettbewerb ausgelobt, auf den wir alle schon seit Jahrenden gewartet haben. Sie können dort alles, was Ihnen zu Life's Most Embarrassing Moments einfällt, einsenden. Wir sind hier schon seit Stunden damit beschäftigt, viele, viele Rollen Papiers vollzuschreiben, wie Sie sich vorstellen können: Der Moment, als wir einen Nachruf auf Gilbert Bécaud abdrucken wollten, obwohl der bloß seinen sechzigsten Geburtstag zu feiern hatte und es dem Manne gut ging; der andere Moment, als wir keinen Nachruf hatten, obwohl der Mann Eddie Constantin hieß und dieser Redaktion nun wirklich etwas bedeutet; und der noch ganz andere Moment, als ihre verwirrte Kurzmelderin den New Yorker Filmkritiker Jim Hoberman, den sie nun wirklich aufs Heftigste und jugendlich-Ungestümteste verehrt, in ihrer Verlegenheit anmuffeln mußte; als neulich einer in der Konferenz fleudestlahlend verkündigte, in Irland habe man die nun endlich die Homosexualität abgeschafft, und so weiter. Es nimmt kein Ende.

Die arme Wendy Leigh, eine englische Journalistin, die sich mit Arnold Schwarzenegger angelegt hatte, mußte nun wegen Verleumdung eine erhebliche Summe Schadenersatzes zahlen. Sie hatte in News of the World behauptet, Ober-Arnold vertrete antisemitische und nazistische Ansichten.

Abend für Abend rennen plötzlich die Zuschauer, die so lange ausgeblieben waren, ins Berliner Schiller Theater, um doch noch eine Karte für „Märchen in Deutschland“ zu erstehen. Das Sommerprotesttheater wurde von Briefen an den Kultursenat begleitet, in denen gegen die angedrohte Schließung als einen „Akt gesellschaftlicher Brutalität“ protestiert wurde. Dergleichen war zu Stillegungen im Osten von jenen Herrschaften nie zu hören gewesen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen