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Unterm Strich

Der Autor und Journalist Niklaus Meienberg ist am Freitag tot in seiner Zürcher Wohnung aufgefunden worden. Nach Angaben der Schweizer Behörden hat Meienberg sich das Leben genommen; ein Verbrechen könne ausgeschlossen werden. Der 53jährige lebte in Zürich und Paris. Zu seinen Buchpublikationen gehörte auch „Zunder“, eine Sammlung von Reportagen aus drei Kontinenten. Als freier Journalist hatte er unter anderem für Spiegel, Stern und Weltwoche gearbeitet. Meienberg erhielt für seine Arbeiten unter anderem den Zürcher Journalistenpreis, den Max-Frisch-Preis und den Kulturpreis der Stadt St. Gallen. Er galt in Schweizer Journalistenkreisen als Quertreiber und linkes Enfant terrible.

In Konschtanz herrscht helle Aufregung. Bei Nacht und Nebel war nämlich in der Hafeneinfahrt eine drehbare Statue der Dame Imperia aufgestellt worden, welche eine spätmittelalterliche Kurtisane war, von der es heißt, sie sei sehr schön gewesen. Dies zu transportieren, hatte der vom Fremdenverkehrsamt beauftragte Künstler Peter Lenk die Dame mit nicht unerheblichen Brüsten und fulminanten Beinen ausgestattet.

Auf ihren Händen hocken zwei relativ unbedeutende Wichte, die sich bei näherem Hinsehen als der Pabscht zur linken und der Kaiser zur Rechten erweisen. Daraufhin verwahrte sich der Gemeinderat am 1.April des Jahres dagegen, dies Hurendenkmal aufzustellen. Auch das erzbischöfliche Ordinariat Freiburg meldete sich zu Wort: Ohne Ansehen der stattlichen Person Imperias verdammte das Ordinariat für die „Konzilstadt Konstanz die Aufstellung eines solchen Schandmals“, welches „in höchstem Maße geschmacklos und geeignet“ sei, den „religiösen Frieden zu beeinträchtigen“.

Allerdings haben weder der Gemeinderat noch der Erzbischof irgend etwas hineinzureden in der Angelegenheit. Zu entscheiden hat die Deutsche Bundesbahn, auf deren Pegelturm Sweet Imperia zu stehen und drehen kommen soll, und die finden Imperia klasse.

Mit der Aufstellung bröckelte die Anti-Imperia- Front merklich. Inzwischen ist nur noch die interessante Koalition aus Frauenbeauftragter, „Republikanern“ und versprengten CSU-Mitgliedern dagegen. Eine Professorin für Kunstgeschichte sprang dagegen Imperia zur Seite: „Sie entlarvt den voyeuristischen Blick und thematisiert das Spiel mit der Nacktheit.“ Gut gegeben!

Was die Bevölkerung ist, die ist zu 95 Prozent für Imperia (nach einer Umfrage des Fremdenverkehrsamts). Die wirkliche Imperia gab übrigens ihr orgienreiches Kurtisanendasein auf und wurde vom Papst mit einem Edelmann getraut. Ein anderes Gerücht will es, daß sie sich aus Liebe zu einem Edelmann das Leben genommen hat.

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