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Unterm Strich

Schon bei der ersten Meldung segelt uns der Hut vom schütteren Haar: Die „Rolling Stones“ – Sie wissen noch, die Jungs vom Straßenkampf, dann Spaziergänger um Mitternacht, Langzeitbewohner im Erinnerungs-Motel und allerschließlichst stählerne Zahnräder im Rock der Zeit –, sie gehen wieder auf Tour. Dafür gibt es zwei Gründe: Mick Jagger will noch mal den wilden Homo erectus heraushängen lassen. Und die Einnahmen einer solchen Welttournee werden auf 100 Millionen Dollar allein an Eintrittsgeldern geschätzt. Damit hätten die Stones ihren eigenen Weltrekord gebrochen. Am 1. August wird in Washington Premiere sein, dann geht es quer durch Amerika, hinüber nach Kanada, Japan, in den Fernen Osten, den heißen Süden, auf die Galapagos-Inseln und schließlich nach Europa. Für Amerika hat man die Ticketpreise „relativ niedrig“ gehalten und auf fast schon soziale 25 bis 50 Dollar festgelegt, damit auch junge Leute, wenn sie es wirklich wollen, die Band live erleben können. Passend zu der netten Geste an die mittlerweile Enkelgeneration will das neue Album mit dem interessanten Titel „Voodoo Lounge“ irgendwie auch ein bißchen am Grungepudding schlecken. Gefragt, was das merkwürdig düstere Menetekel bedeute, sagte Jagger zumindest: „Ein Bewußtseinszustand“. Immerhin ist ihm von dieser doch ungewöhnlich farouten Ebene aus aufgefallen, daß die Arbeit härter wird: „Als ich 19 war, dauerte ein Auftritt zehn Minuten. Heute sind wir zwei Stunden auf der Bühne – wir müssen uns härter vorbereiten.“ So ist's mit der Musik eben wie mit der Liebe. Trotz des neverending Sixties-Revivals um sie herum, wollen die Stones aber nicht bei dem Ereignis des Jahres mitmachen. Auf die Frage, ob die Band auf einem der beiden geplanten Konzerte zum 25jährigen Woodstock-Jubiläum spielen werde, antwortete Jagger: „Nein – wir waren beim ersten Konzert nicht eingeladen, also werden wir auch nicht beim zweiten spielen“. Dann durften 500 internationale Journalisten noch einmal hinterherwinken, als der Stein allein auf John F. Kennedys alter Jacht „Honey Fitz“ über den Hudson in den Sonnenuntergang überm Big Apple davonschipperte.

Was den Stones der Rock-'n'-Roll-Zirkus ist der Folk-Mischpoke die Hochkultur: Vom 20. bis 22. Mai soll im Todaiji-Tempel, einer japanischen Klosteranlage aus Holz, ein Unesco-Open-air-Konzert mit einheimischer Folklore und amerikanischen Songwritern stattfinden. „Wir lassen das Wunder passieren“, so Tony Hollingsworth, als Chefproduzent schon für den musikalisch nachgefeierten Mauerfall 1990 verantwortlich. Konkret besteht dies Wunder darin, daß Bob Dylan zu Koto-Trommlern vom harten Regen singt, und Joni Mitchell mit Shokichi Kina, einem Volksliedsänger von der südjapanischen Insel Okinawa, auftritt. Dazu kommen dann noch ein Chor von hundert buddhistischen Mönchen und Ry Cooder.

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