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Unterm Strich

„Ein unerledigtes Projekt kann nicht sterben, solange die Existenzprobleme, auf die es zu antworten begonnen hat, nicht gelöst oder bedeutungslos geworden sind.“ Es geht, Sie ahnen es, um Marxismus. Der erste von zwölf Bänden eines „Historisch-kritischen Wörterbuchs des Marxismus“, das Prof. Wolfgang Fritz Haug von der Freien Universität im Argument-Verlag herausgeben wird, erscheint dieser Tage. In seinem Vorwort fährt der Philosoph recht zukunftsorientiert fort: „Marxistisches Denken ist kein abgeschottetes oder sektiererisches Phänomen. Es enstand und entsteht immer wieder aus praktisch-theoretischer Hinwendung zu den Fragen der menschlichen Vergesellschaftung und Naturverhältnisse, der Antagonismen und Krisen. Diese Fragen gehen alle an. Sie sind ungelöst.“ Der erste Band beginnt mit „Abbau des Staates“ und endet bei „Avantgarde“. Mehr als 500 Mitarbeiter aus verschiedenen Ländern bearbeiten für das Wörterbuch über 1.200 Begriffe. Neben den Begriffen der marxistischen Klassiker finden sich viele Stichwörter, die dem politisch-theoretischen Wortschatz der Gegenwart entnommen und noch nie in vergleichbaren Wörterbüchern behandelt worden sind. Es werden etwa Fragen des Übergangs zur hochtechnologischen Produktionsweise und des transnationalen Kapitalismus berücksichtigt, ebenso Fragen des Nord-Süd-Konflikts. Auch die Frauen- und die Ökologiebewegung kommen vor.

Die Internationale Goethe-Gesellschaft hat auf ihrer 74. Hauptversammlung in Weimar einen stark verjüngten Vorstand gewählt. Der mit rund 5.000 Mitgliedern größten literarischen Vereinigung Deutschlands wird der Kölner Literaturprofessor Werner Keller als Präsident vorstehen. Der Weimarer Literaturwissenschaftler Lothar Ehrlich blieb Vizepräsident. Drei Tage hatten rund 1.000 Akademiker und Interessierte über „Goethe und seine Zeitgenossen“ diskutiert. 13 Arbeitsgruppen befaßten sich mit Goethes Verhältnis zu Religion und Politik, Schiller, Kleist und Schriftstellerinnen seiner Zeit. Die 1885 gegründete Gesellschaft hatte als einzige literarische Vereinigung die deutsche Teilung ungeteilt überstanden.

Der von Dr. Hubert Burda gestiftete Petrarca-Preis, der erstmals 1975 posthum an Rolf-Dieter Brinkmann vergeben wurde, geht in diesem Jahr an den australischen Dichter Les Murray. Die Petrarca-Jury aus Peter Handke, Michael Krüger, Peter Hamm und Alfred Kolleritsch würdigt damit das Werk des 58jährigen Dichters aus Canberra, Südwestaustralien, das bislang nur in englischsprachigen Ländern für Aufsehen sorgte. Der Preis ist mit 40.000 Mark dotiert. Die Preisverleihung findet Mitte Juni auf dem Mont Ventoux statt – zum letzten Mal überhaupt. Den Petrarca- Übersetzer-Preis über 15.000 Mark erhielt die in München lebende Schriftstellerin Verena Reichel, den Nicolas-Born-Preis bekam Arnold Stadler.

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