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Unterm Strich

Die vor rund fünf Monaten in Berlin eingeweihte Denkmals-„Bibliothek“, die an die Bücherverbrennung der Nationalsozialisten vor 50 Jahren erinnert, ist reparaturbedürftig. Besucher, die am historischen Ort auf dem heutigen Bebelplatz neben der Staatsoper Unter den Linden vor dem in die Erde eingelassenen und von einer Glasplatte bedeckten Mahnmal standen, gerieten in den letzten Wochen mehr und mehr ins Grübeln. Außer einem grauen Schatten war in der Tiefe wenig auszumachen. Ursache ist die zerkratzte Glasplatte. Sie soll bis Ende August ausgetauscht werden, so Pressesprecher Ralf Schlichting von der Berliner Bauverwaltung. Die leere „Bibliothek“ war von dem israelischen Bildhauer Micha Ullman entworfen worden. In die Regale des nicht betretbaren, unterirdischen Raums passen 20.000 Bücher. Genauso viele wurden in der Nacht des 10. Mai 1933 auf dem Platz vor der Oper als angeblich „undeutsch“ von den Nationalsozialisten verbrannt. Rund 200 Schriftsteller, Wissenschaftler und Publizisten gehörten damals zu den verfemten Autoren. Die Stadt finanzierte das Mahnmal mit rund einer halben Million Mark. Schlichting wollte nicht ausschließen, daß die Glasplatte in Abständen immer wieder erneuert werden müsse. An eine andere Lösung sei bisher nicht gedacht. Gut zu wissen – auch was den Fortgang der Diskussion um die Machbarkeit des Holocaust- Denkmals betrifft.

Sie wissen es wahrscheinlich schon: Die Rolling Stones sind im Lande. Sie haben sich im Berliner Kempinski eingemietet, bekommen von der Museumsdirektion wie nur Breschnew oder Edzard Reuter eine Privataudienz am Pergamon-Altar; abends futtern sie japanisch für 800 Mark pro Nase, und nachts macht jeder mit seiner Nase, was er will, da wollen wir unsere dann auch nicht hineinstecken. Jetzt hat allerdings der Schweinejournalismus in Form der englischen Sun gemeldet, daß die Band sich dem Software- Giganten Microsoft angedient hat. Ihr „Start me Up“ wird für 12 Millionen Dollar, das sind 16 Millionen Mark, die Werbekampagne des neuen „Windows 95“-Programms soundtracktechnisch begleiten.

Der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Joachim Gauck, hat geraten, das frühere Engagement der Schriftstellerin Monika Maron als Inoffizielle Mitarbeiterin (IM) des Ministeriums für Staatssicherheit nicht überzubewerten. Nicht jeder IM sei ein Verräter gewesen, sagte Gauck im Deutschlandradio Berlin. Die Kürze ihrer Kontakte sei nach Auffassung der Schriftstellerin eben dazu angetan gewesen, darüber zu schweigen. Gauck erneuerte seine Bereitschaft, noch einmal für eine Periode als Bundesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen zu kandidieren. Gesetzlich sei dies möglich. Bei einer Novellierung des Gesetzes für die Arbeit in seiner Behörde rechnet er nicht mit wesentlichen Änderungen.

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