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Unterm Strich

Zwar quillt der Kurzmelder vor Buchmesse-Neuigkeiten zu Schimmel, CD-ROM und Rushdie über, doch wir wollen es zunächst mit einer eröffnenden Kino-Meldung halten. Weil's doch Kino-Seiten sind. Also Hollywood: Zu viele Filme verderben Brad Pitt. Wegen seiner sonstigen Verpflichtungen wird der gelee-royal-artige Grunge-Blonde seine Hauptrolle in „The Crowded Room“ (Der überfüllte Raum) als Mann mit 24 verschiedenen Identitäten absagen müssen. Warner Brothers hatte 1989 die Rechte an William Milligans Lebensgeschichte gekauft: Nach brutalen Folterungen durch seinen Stiefvater in seiner Kindheit hatte er im Alter von 21 Jahren sein schweres Identitätsproblem entwickelt, das in einem Prozeß von Sachverständigen bestätigt worden war. Da Pitt gegenwärtig an „Sleepers“ arbeitet und anschließend gemeinsam mit Harrison Ford „The Devil‘s Own“ dreht, fürchtet Milligan, daß der Star dann zu alt für die Rolle sein wird. Er hat vergeblich versucht, die Rechte am Buch zurückzukaufen. Vielleicht sollte es einer der anderen 23 nochmal probieren.

Jetzt aber Frankfurt: Zum Auftakt der Buchmesse hat der Vorsteher des Börsenvereins, Gerhard Kurtze, am Dienstag erneut die Vergabe des diesjährigen Friedenspreises an die umstrittene Islam-Wissenschaftlerin Annemarie Schimmel verteidigt. Die Auszeichnung werde an eine Persönlichkeit vergeben, „die durch ihre Tätigkeit auf den Gebieten der Literatur, Wissenschaft und Kunst zur Verwirklichung des Friedensgedankens beigetragen hat“, sagte Kurtze in einer Pressekonferenz zum Beginn der Buchmesse, die am Abend offiziell eröffnet wird. „Annemarie Schimmel hat für den Dialog zwischen den Kulturen Großes geleistet.“ Diese Leistung liegt offenbar darin, daß die Entscheidung für Schimmel in den deutschen Medien „jene so lange entbehrte Debatte über das Verhältnis zum Islam eingeleitet“ habe, so jedenfalls die weitere Argumentation Kurtzes. Hauptsache Streitkultur.

Daß die Kontroverse um Schimmel noch tobt, muß auch Bundesbildungsminister Jürgen Rüttgers (CDU) bei seinem Festvortrag angespornt haben. Eigentlich wollte er nur einmal mehr die Todesdrohung gegen Salman Rushdie als „bedrückendes Fanal des Fundamentalismus“ verurteilen. Doch dann scheint die Kämpfernatur mit dem Herrn Minister durchgegangen zu sein: Die Situation Rushdies sei ein erschreckendes Beispiel für die Gefahr, die von Büchern ausgehen könne, denn „aus Büchern können Bomben werden“, so der irgendwie in fundamentalistische Ekstase geratene Rüttgers. Hoppla, Bücher zu Bomben? Geht es im Falle Rushdies nicht eher darum, daß mit Bomben auf Bücher reagiert wird? Bei solchen Argumenten muß man Rushdie beinahe schon vor seinen Verteidigern verteidigen, sonst wird am Ende noch ein Schimmel daraus.

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