: Unterm Strich
Ein Fund, ein Fund! Unbekannte Briefe von Theodor Fontane sind im Kreisarchiv Neuruppin aufgetaucht. Wie die in Potsdam erscheinende Märkische Allgemeine berichtete, war eine Mitarbeiterin der Rheinsberger Kurt-Tucholsky-Gedenkstätte in dem Archiv auf mehrere Magistratsakten aus dem vorigen Jahrhundert gestoßen. Die Briefe betreffen vor allem den Bau des Kronprinzen-Denkmals vor dem idyllisch gelegenen Rheinsberger Schloß. Fontane war 1883 in das Vorbereitungskomitee gebeten worden, hatte aber eine Mitarbeit mit Rücksicht auf sein „hohes Alter“ und seinen „kränklichen Zustand“ abgelehnt (und freundlicherweise trotzdem etwas dazu geschrieben). Das Denkmal ist in der posthoneckerianischen Epoche, nämlich letztes Jahr, wiederaufgebaut worden.
Die Buchmesse in Leipzsch naht, und wir wollen Sie nicht verschonen mit einer diesbezüglichen Meldung, das heißt, Sie hinweisen auf eine Neuerscheinung, die in dieser unserer Zeitung garantiert nicht rezensiert werden wird. Mit dem Ende der Sowjetunion ist es nach über siebzig Jahren wieder möglich, sich öffentlich mit dem Schicksal der letzten Romanows zu beschäftigen. Die letzten Tage der Zarenfamilie in der Jekatarinenburg sind nach Öffnung bisher geheimer Archive kein Rätsel mehr. Und auch über all die anderen Romanows von Michael Fjodorowitsch bis Alexander III. sind die Forscher informiert. Unter dem Titel – jetzt kommt' s – „Das Geheimnis der Romanows“ (die diensttuende Melderin verschrieb sich zunächst: Das Geheimnis des Romans) erläutert Frau Gudrun Ziegler nun Geschichte und Vermächtnis der russischen Zaren. In der Kürze – natürlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit – hat die Studentin der Slawistik und Germanistik die Familienchronik der Romanows nacherzählt. (Also lag die Diensttuende mit ihrem Verschreiber gar nicht falsch.) Es ist die farbenfrohe und abwechslungsreiche Geschichte einer großen Dynastie, die überraschend an die Macht kam und so tragisch (nana!) unter den Gewehrsalven der Bolschewisten endete. Die Historiker, heißt es in der dpa-Meldung, sind nicht zimperlich mit dieser Family umgegangen, und manchmal will es scheinen, als ob ihre Fehler größer als ihre Tugenden waren. Im Impatjew-Kloster hatte man einst den jungen Michael Romanow aufgestöbert und ihn zum ersten Zaren der Dynastie bestimmt. Man? wer ist man? „Seinesgleichen geschieht“ nannte Robert Musil solcherart zu Automatismen umgedeutete Geschichte. Doch folgen wir weiter der faszinierenden Meldung: Der Zufall wollte es, daß es auch ein Impatjew-Haus war, in dem die letzten Romanows, Nikolaus II. und seine Frau Alexandra Fjodorowna, geborene Alice von Hessen, zusammen mit ihren Kindern den Tod fanden. Sie sehen: das ideale Geschenk für die zugleich geschichts- und klatschinteressierte Großmutter.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen