: Unterm Strich
Je Kanzlerrunde, desto Geld: Um schätzungsweise 10 Zählerpunkte liegt der Index der Kürzungen, Schließungen und Einsparungen betreffenden Meldungen heute über dem Normallevel. Erst mal Goethe: Fünf Institute sollen weltweit dichtgemacht werden, wie das Präsidium des Goethe Instituts am Mittwoch in München bekanntgab. „Betroffen“ sind Belo Horizonte (!) in Brasilien, Bergen in Norwegen, Hyderabad in Indien, Surabaya (remember: „Du hast kein Herz, Johnny...“?) in Indonesien und Turku in Finnland. Die befürchtete Schließung der Niederlassung in Rom habe mit Umstrukturierungsmaßnahmen gerade noch abgewendet werden können. Präsident Hilmar Hoffmann zuckt mit den Achseln: Um die vom Bundesfinanzminister vorgeschriebene Personaleinsparung im öffentlichen Dienst zu erfüllen, sei kein anderer Ausweg geblieben. Hoffmann, goetheanisch: „Wir befürchten einen erheblichen kulturpolitischen Schaden im Gefolge dieser Maßnahmen.“
Clowntime is over – sage keiner mehr, daß immer nur die Kleinen ...: Nicht mehr als Kavaliersdelikt gewertet wurden Steuerhinterziehung und Sozialversicherungsbetrug von seiten des früheren Generalintendanten der Württembergischen Staatstheater und Leiters der Ludwigsburger Schloßfestspiele Wolfgang Gönnenwein. Am Mittwoch ist Gönnenwein in Stuttgart zu 96.000 Mark Geldstrafe verurteilt worden, das Gericht sah es als erwiesen an, daß er für falsche Lohnabrechnungen von Aushilfskräften der Festspiele verantwortlich ist. Auch Frau Ilse muß 27.000 Mark zahlen, weil sie Umsatz- und Einkommensteuer ihres Mannes mit hinterzogen hat. Das Paar ist geständig. Gönnenwein, ein wenig dilettantisch: „Ich habe den Kopf auch für andere hingehalten.“
Irgendwie zu rechnen begonnen hat man auch in München, wo Sergiu Celibidache früher noch 40 bis 50 mal pro Jahr am Dirigentenpult stand und dafür 45.000 Mark pro Abend erhielt und jetzt als lebenslänglich engagierter Generalmusikdirektor von München ständig krank ist: Oberschenkelhalsbruch, Einpflanzung eines Herzschrittmachers, jetzt schon wieder fiebrige Erkältung (ist ja auch schon 83, der Maestro). Selbst Celi-Fans mögen's nimmer leiden. „Die Lücke, die da entstanden ist, muß durch Gastdirigenten geschlossen werden, die Celibidache möglichst ebenbürtig sind“,
so der Münchner Kulturreferent Siegfried Hummel. Celibidache, salomonisch, sagte dazu gar nix.
Vollkommen „neu überdenken“ muß die Bundesrepublik Deutschland ihre auswärtige Kulturpolitik nach Ansicht von Helmut Schmidt. Auf „bedeutende geopolitische Veränderungen“ wies der Kanzler im Ruhestand die Hörerschaft anläßlich des dritten Jahrestags der Deutschen Nationalstiftung am Mittwoch hin. Statt nun aber in ein Plädoyer für engere Gürtel und ähnliches zu münden, fand Schmidt es wichtig, fremde Kulturen hierzulande bekannt zu machen. Schmidt, irgendwie internationalistisch: „Wir leben in einem globalen Zivilisationszusammenhang, den es in früheren Jahrhunderten so nicht gegeben hat.“
Jetzt aber zu (noch) Erfreulicherem: Harald Juhnke ist auf dem Wege der Besserung, wie es „aus der Umgebung“ (dpa) „des 66jährigen“ (dpa) heißt, „der mit Alkoholproblemen kämpft“ (dpa). Allerdings scheint Juhnke noch nicht dermaßen rekonvaleszent, um schon wieder in den Dialog mit dem Berliner Publikum zu treten. Er weicht nach Wien aus, wo er am 26. Mai im Rahmen der dortigen Festwochen wieder den „Hauptmann von Köpenick“ geben wird.
Neues in Sachen Darmstädter Shakespeare- Maske: Nachdem nach der Restauration eines überlieferten Porträts (das sogenannte „Flower-Porträt“) dasselbe Krankheitssymptom an der linken Stirnseite aufgetaucht ist, wie es die Totenmaske aufweist, darf sich die Mainzer Anglistin Hildegard Hammerschmid-Hummel in ihrem jahrelangen Kampf für die Echtheit der Maske bestätigt sehen. Auch ein Hautarzt und ein Pathologe zweifeln die Echtheit jetzt kaum noch an, vermögen aber immer noch nicht eindeutig zu sagen, an welcher Krankheit der historische Shakespeare (1564–1616) gelitten hat.
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