: Unterm Strich
Hermann Heidegger, der 75jährige Sohn des Philosophen Martin Heidegger, setzt zur Ehrenrettung seines Vaters an: Dieser habe dem Hitler-Regime „geistigen Widerstand“ entgegengesetzt. „Daß mein Vater sich 1933 politisch geirrt hat, ist unbestritten“, räumte er allerdings in einem Interview der italienischen Tageszeitung „La Repubblica“ ein. Für den geistigen Widerstand Martin Heideggers gebe es „genügend Zeitzeugen, die bestätigen, daß Heidegger in seinen Vorlesungen und Seminaren wirklich gefährliche Sachen gesagt hat“. Aktiver Widerstand wäre seinem Vater „aufgrund seiner Persönlichkeitsstruktur“ nicht möglich gewesen. Er habe wenige Monate geglaubt, mit Hilfe der Nationalsozialisten „die Universität reformieren“ zu können. (Aufmärsche, Fackelzüge, antisemitische Kundgebungen: auch eine Art Bildungsreform!) Scharfe Kritik an Hermann Heideggers Äußerungen hat der Heidegger-Biograph Hugo Ott geäußert. Martin Heidegger habe sich von seinen „schlimmen und eindeutigen Sätzen“ aus dem November 1933 zum Nationalsozialismus – auch nach dem Krieg nicht distanziert. Sein Antijudaismus sei schon für das Jahr 1929 in Dokumenten belegt, sagte Ott am Donnerstag im Südwestfunk. Wer wissen will, aus welchen systematischen, im Weg seines Denkens und Schreibens liegenden Gründen Heidegger zum NS fand, dem empfehlen wir Dieter Thomäs Studie: „Die Zeit des Selbst und die Zeit danach“ (Suhrkamp 1991).
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