: Unterm Strich
Die literarische Welt ist um ein paar Pynchon- O-Töne reicher. „Lassen Sie mich ganz deutlich sein. Ich bervorzuge es, nicht fotografiert zu werden“, sagte Thomas Pynchon gegenüber CNN. Damit brach der inzwischen 60jährige, dessen einziges veröffentlichtes Foto ihn etwa 19jährig während seines Dienstes bei der Marine zeigt, sein jahrzehntelanges Schweigen. Die ständigen Spekulationen um ihn hatten sogar zu der absurden und schnell widerlegten Behauptung geführt, Pynchon sei J. D. Salinger, der Autor von „Der Fänger im Roggen“. „Scheu ist doch nur ein von Journalisten erfundener Begriff, der bedeutet, ,mag nicht mit Reportern sprechen‘“, verteidigte sich Pynchon, dessen neuestes Werk „Mason & Dixon“ gerade in den USA erschien. Und nun die frustrierende Erkenntnis. Er ist einer wie du und ich. Pynchons Verlegerin Corlies Smith verriet nämlich, daß ihr Autor „völlig normal“ lebt. Er schreibe sogar Leserbriefe. In seiner Collegezeit belegte er einen Kurs bei Lolita- Autor Vladimir Nabokov. Dieser allerdings konnte sich an Pynchon nicht mehr erinnern. Lediglich Nabokovs Frau war Pynchons seltsame Handschrift aufgefallen. Der CNN-Bericht hätte Nabokovs Gedächtnis wahrscheinlich auch nicht auf die Sprünge geholfen. Pynchon hat graues Haar, geht gern essen und fährt mit seiner Familie am Wochenende oft ins Grüne. Auch die Tatsache, daß er selten ins Fernsehen kommt, hat er mit den Normalsterblichen gemeinsam.
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