piwik no script img

Unterm Strich

Skandal, Skandal! Gehörte das noch zur Inszenierung oder war es schon ein durch Überarbeitung bedingter Aussetzer, als Christoph Schlingensief während seiner Inszenierung eines Brecht-Fragments plötzlich wutschnaubend die Bühne des Berliner Ensembles verließ, um einen „Verwaltungsdirektoren“ aus dem Saal zu schmeißen. Der von Schlingensief mehrfach als „Arschloch“ titulierte Mann, wußte gar nicht, wie ihm geschah – ebensowenig das Publikum, in dem es anschließend zu tumultartigen Szenen kam. Zuvor hatte Schlingensief bereits der Brecht-Tochter Barbara Brecht-Schall (angeblich im ersten Rang zugegen) zu verstehen gegeben, daß sie und ihr Mantra von der unbedingten Text-Treue gerade mal „eine Mark wert“ seien. Später entschuldigte sich Schlingensief für sein rabiates Vorgehen, blieb aber dabei, daß alle Arschlöcher seien.

Und gleich noch ein Skandal – in den ansonsten nachrichtenärmeren Sommermonaten häufen sie sich: Um eine relaxte Atmosphäre zu schaffen, hat sich der Hollywood-Regisseur Paul Verhoeven während der Dreharbeiten zu seinem neuen Film „Starship troupers“ nackt ausgezogen. Damit wollte er seine Solidarität mit sieben Schauspielern unter Beweis stellen, die für eine Szene zusammen unter die Dusche gehen mußten. „Ich verlange von meinen Schauspielern niemals etwas, das ich mich selbst nicht trauen würde“, zitiert die holländische Zeitung Algemeen Dagblad den Regisseur („Basic Instinct“). „Also zog ich auch alle meine Sachen aus. Jeder war so erstaunt, den Regisseur nackt herumlaufen zu sehen, daß alle Nervosität sofort verflogen war. Ich bekam sogar Applaus.“ Ob Verhoeven dann auch mit unter die Dusche ging, ist nicht überliefert.

Skandal-Nachwehen: Dem Schriftsteller Bodo Kirchhoff „stinkt“ es gewaltig, nach der Enthüllung seines Pseudonyms Odette Haussmann (unter diesem Autorennamen hatten die Autorentheatertage in Hannover sein Stück „Mach nicht den Tag zur Nacht“ angenommen, siehe taz vom Samstag) seinem Ruf als Macho-Autor wieder einmal nicht entkommen zu sein. Dieses Image sei ihm „so widerlich wie Kaugummi, der nicht vom Schuh weggeht“, klagte der Dichter und gestand: „Bei meinem Namen sind eher die unfeinen Dinge des Lebens gut aufgehoben.“ Mit dem Pseudonym habe er eine konträre Identität wählen und in den nächsten Jahren noch einige weitere Stücke erscheinen lassen wollen, denn in seinen Schubladen lägen noch eine ganze Menge unveröffentlichter Texte. Denen möchte Kirchhoff den eigenen Namen wohl nicht zumuten. Aus diesem Plan wird nun nichts, nachdem die Sache aufgrund einer Indiskretion aus dem Freundeskreis an die Öffentlichkeit drang. Kirchhoff ist untröstlich: „Das ist eine Situation, die ich am allerwenigsten gewollt habe und die mir am allerunangenehmsten ist.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen