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Unterm Strich

Nicht in Venedig, dennoch spektakulär: Der Dokumentarfilm von Wolfram und Jörg- Daniel Hissen „Verhüllter Reichstag 1971–1995“, der ab Donnerstag in die Kinos kommt. Die Brüder Hissen begleiteten Christo und seine Frau Jeanne-Claude sechs Jahre lang mit ihrer Kamera. Der Film zeigt nicht nur die Verhüllung selbst, sondern auch den zähen Kampf des Künstlerpaares um die Verwirklichung ihrer Vision.

Einer der Höhepunkte des Films ist die Bundestagsdebatte vom 25. Februar 1994. Da schleudern sich die Abgeordneten noch einmal ihre 20 Jahre alten Argumente entgegen. „Es gibt keine überzeugende Antwort auf die Frage, was das eigentlich soll“, wettert etwa Unionsfraktionschef Wolfgang Schäuble, um ein Jahr später eines Besseren belehrt zu werden.

Auf der Tribüne sitzt ein hochkonzentrierter Christo, der die Debatte per Kopfhörer verfolgt; zu sehen, wie sich seine Anspannung nach der Verkündung des Abstimmungsergebnisses in einem befreiten Lachen auflöst, ist einer der bewegendsten Momente des Films. Aber auch die rein technischen Seiten des Projekts kennenzulernen, das Nähen der Planen, das Spleißen der Taue, schließlich das diffizile Anbringen der Stoffbahnen, ist spannend wie ein Krimi. Der Film verzichtet gänzlich auf einen Kommentar aus dem Off.

Nicht in Venedig, dennoch brisant: Die umstrittene deutsche Regisseurin und Fotografin Leni Riefenstahl erhielt am Sonntag bei einem Filmfestival im US-Bundesstaat Kalifornien eine Ehrung für ihr Lebenswerk. Die 95jährige nahm unter Applaus und Buhrufen den Preis der Cinecon- Gruppe in Glendale bei Los Angeles entgegen. Aus Angst vor Protesten war die Ehrung Riefenstahls bis zum letzten Moment geheim gehalten worden. Cinecon, eine Gesellschaft für Kinofreunde, hatte Riefenstahl für die nur wenig bekannten Filmfestspiele heimlich aus Bayern eingeflogen.

In Venedig, mit viel Beifall bedacht: der einzige deutsche Spielfilm. Der Thriller „Im Namen der Unschuld“ mit Barbara Sukowa lief am Lido außerhalb des Wettbewerbs. Regisseur ist Andreas Kleinert. Die RTL2- Produktion handelt von einem Mord in einer ostdeutschen Kleinstadt. Die seelisch angeschlagene Mutter des Opfers, Barbara Sukowa, und der versoffene Kommissar, Matthias Habich, kommen sich näher.

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