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Unterm Strich

Der Philosoph und Theologe Josef Pieper, der genau ein halbes Jahrhundert lang (bis 1996) Vorlesungen an der Universität Münster hielt, ist im Alter von 93 Jahren gestorben. In Anlehnung an den mittelalterlichen Theologen Thomas von Aquin verknüpfte Pieper die abendländische Philosophie mit christlicher Theologie. Seit den 20er Jahren verfaßte der international anerkannte Denker und Nestor der christlichen Philosophie mehr als 50 Bücher. Sie erreichten Millionenauflage und wurden in 15 Sprachen übersetzt. „Jeder ist ein Philosoph, denn jeder hat eine bestimmte Vorstellung von der Welt und vom Sinn des Lebens“, sagte Pieper. Was ist Gerechtigkeit? Was ist Liebe? Gibt es ein Leben nach dem Tod? Diese Fragen haben den Gelehrten sein Leben lang umgetrieben. Geboren wurde Pieper am 4. Mai 1904 im westfälischen Elte (Kreis Steinfurt). Nach seinem Studium in Berlin und Münster promovierte er mit einer Arbeit über Thomas von Aquin, den er stets seinen „Lehrer“ nannte. Zwei Bücher des unbeugsamen Wissenschaftlers wurden 1933 von den Nazis beschlagnahmt und verboten. Pieper galt als ein dem Sozialismus nahestehender „Linkskatholik“. Auch nach seiner Emeritierung im Jahre 1972 verließ er nicht das Rednerpult. Studenten aller Generationen lauschten weiterhin begeistert seinen Vorlesungen. Je mehr Nichtakademiker er für die Philosophie begeistern konnte, desto kritischer äußerten sich seine Kollegen. Umstritten war vor allem die große Bedeutung, die Pieper dem theologischen Ansatz innerhalb der Philosophie einräumte. Eine Würdigung seines Denkens war die Entscheidung des Felix Meiner Verlags, eine Werkausgabe seiner Schriften in das philosophische Verlagsprogramm aufzunehmen: Dort steht Pieper nun neben so illustren Namen wie Platon, Aristoteles, Kant und Hegel. Eine 1992 gegründete Josef-Pieper-Stiftung will sein Werk bewahren.

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