: Unterm Strich
Kommen uns Stil und Inhalt der Klage nicht bekannt vor? Und das, obwohl es 600 Jahre her ist, daß eine in Deutschland lebende Jüdin so ihren Vater um Unterstützung für ihre Scheidung bat: „Er sieht nicht gut aus, ist ungebildet und ein absoluter Tor: Er ist ein Fehlkauf“. Doch nur der Mann kann den Scheidebrief ausstellen. Der Mainzer Rabbi Jakob Mulin (gest. 1427) hält nun für diesen Fall fest, daß man weder den Mann zur Scheidung noch die Frau zum Zusammenleben zwingen könne. Von Fehlkauf konnte die Jüdin sprechen, weil sie aufgrund eigener Berufstätigkeit eine starke Position hatte: Da den Christen im Mittelalter die Zinsnahme verboten, den Juden aber der Geldhandel meist als einzige Erwerbstätigkeit erlaubt war, diente einem frisch verheirateten Paar das gemeinsame Geld als Startkapital. Dabei waren die Frauen wie die Männer im Geldhandel tätig.
Weil sie nun aber fünfzig Gulden in bar und zwanzig Gulden in Schmuck und Kleidung in die Ehe eingebracht hatte – ebensoviel wie ihr Bräutigam, der siebzig Gulden in bar stellte –, konnte sie auf eine Trennung hoffen. Beide sollten ihre Mitgift zurückerhalten, hatte der Rabbi verfügt, der Mann zusätzlich aber auch das Geld, das ihr gemeinsames Vermögen ausgemacht hatte. Mit diesem Geld wäre der Mann aber nicht weit gekommen. Nur wenn er sich wieder verheiratete, konnte er mit der Mitgift der neuen Ehefrau sein Geschäft weiterbetreiben. Daher ist es wahrscheinlich, daß er auf die Scheidung einging. Dafür sprechen jedenfalls die hohen Scheidungsraten unter Juden im 15. Jahrhundert.
Die Geschichte, die Dr. Birgit Klein von der Uni Duisburg untersuchte, gehört zu einer Tagung, die sich mit dem öffentlichen und privaten Handeln jüdischer Frauen vom Mittelalter bis in die Neuzeit befaßt: „Im Haus züchtig, draußen mächtig“, 8.–10. März, Gerhard-Mercator-Universität Duisburg.(bw)
Claus Peymann, der künftige Leiter des Berliner Ensembles, wünscht sich Dieter Dorn als neuen Intendanten des Deutschen Theaters in Berlin. „Es wäre die seriöse, sehr zu begrüßende Konkurrenz“, sagte er in einem Interview mit Focus. Dorns Vertrag mit den Münchner Kammerspielen wird nicht über 2001 hinaus verlängert. Der derzeitige Intendant des Deutschen Theaters, Thomas Langhoff, muß seinen Posten ebenfalls im Jahr 2001 räumen. Pikanterie am Rande: Früher hatte Peymann verkündet, daß er in Berlin 10.000 Mark mehr verdienen müsse als ein entsprechender DT-Leiter.
Zugleich kritisierte Peymann den Umgang der Kulturbehörden Münchens und Berlins mit den beiden Intendantenkollegen. Daß Dorn und Langhoff „gnadenlos abgeschossen wurden, ist schockierend. Es demonstriert den Hochmut der Politik. Jetzt tauchen überall die Manager auf. Statt der Künstler und Theatermacher – die Talkmaster, die Moderatoren.“
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