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Unterm Strich

Diesen Mann hätten wir im großen Boykott-Stimmengewirr der letzten Tage fast überhört: Der leicht wirre Dichter Peter Handke hat sich zum Thema Österreich und den harschen Reaktionen des Westens telefonisch an den Corriere della Sera gewandt (mit deutschen Zeitungen spricht der Herr nicht mehr) und fröhlich gemutmaßt, dass die Lösung für die verfahrene Situation darin liege, dass die Nato jetzt Wien bombardiere. „Und danach, wenn es sein muss, Djakarta und Moskau.“ Haider sei genauso gefährlich wie all die anderen europäischen Politker: „Lionel Jospin, Jacques Chirac und Tony Blair haben sich als Verbrecher erwiesen“, so der Serben-Sympathisant. „Sie können über Österreich wahrlich nicht reden.“ Nein, das kann nur einer: unser Peter. Danke Handke.

In Österreich gingen währenddessen die Verhandlungen zwischen den Veranstaltern des Bachmann-Wettbewerbes und den Bachmann-Erben, die eine weitere Verwendung des Namens verboten hatten (siehe taz-Auslandsseiten von gestern) weiter. Es könnte allerdings sein, dass sich die Chancen für den Wettbewerb nicht unerheblich verbessert haben, nachdem sich der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider vorgestern so vehement gegen eine weitere finanzielle Beteiligung des Landes Kärnten an der Preisvergabe ausgesprochen hatte. Der Bachmann-Preis könnte sich ja jetzt vielleicht als eine Art Anti-Haider-Preis positionieren. Bei dem der Chef der „Freiheitlichen“ in Zukunft unerwünscht ist. Ansonsten sollen sich inzwischen auch schon verschiedene europäische Städte angeboten haben, dem renommierten Literaturpreis aus Klagenfurt politisches Asyl zu gewähren, solange er in Österreich nicht stattfinden kann.

Marcel Reich-Ranicki, einer der Mitbegründer des Wettbewerbes und Jurymitglied der ersten Stunde, hat unterdessen in einem Gespräch mit der FAZ die Entscheidung der Bachmann-Erben richtig und erfreulich genannt. „Dieser imponierende Protest zeugt vom politischen Gespür der österreichischen Intellektuellen, die die große Gefahr treffend beurteilen“, sagte Reich-Ranicki. Haider sei zwar mit demokratischen Mitteln an die Macht gekommen, habe sich aber längst „als ein radikaler, ein unzweifelhafter Gegner der Demokratie zu erkennen gegeben“.

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