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Kommentar (siehe S. 22)Unter Männern

■ Beschwerden der Beamtin halfen nichts

Der Skandal um die Justizvollzugsanstalt Oslebshausen, in der Häftlinge schwer mißhandelt worden sind, ist seit gestern um eine Variante reicher. Vielleicht sagt Sandra B. nicht die Wahrheit, wenn sie behauptet, sie habe nichts von diesen Mißhandlungen gewußt. Vielleicht. Eins steht seit gestern allerdings fest: Die Frau hat offenbar seit Jahren unter den sexuellen Übergriffen von Kollegen und Gefangenen gelitten.

Immer wieder hat sie sich beschwert. Doch geschehen ist wenig. Der Kollege, der versucht, sie nachts ins Schulgebäude zu zerren, wird versetzt und darf nach kurzer Zeit in die Anstalt zurückkehren. Solch eine unsensible Fehlentscheidung können nur Männer treffen. Sandra B. mußte ihrem Peiniger fortan wieder in die Augen sehen. Die Annahme, sie hätte nach diesem Vorfall in der JVA wieder unbehelligt ihren Dienst tun können, ist absurd.

Auch die übrigen Beschwerden der Frau verliefen offenbar im Sande oder wendeten sich sogar gegen sie. Geholfen hat ihr offensichtlich niemand. Auch der Anstaltsleiter scheint die sexuellen Übergriffe nicht besonders ernst genommen zu haben. Was geht in einer Frau vor, die sich über Jahre solche Demütigungen gefallen lassen muß und die gelernt hat, daß sie niemand ernstnimmt? Ein Motiv für Selbstjustiz, vielleicht? Und zwar eins, das von den Verantwortlichen geschürt worden wäre. Kerstin Schneider

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