: Untaugliche HeldInnen
■ betr.: „Morgen, wenn Fidel Castro stirbt“, taz vom 9.10.93
[...] Die Gesetzgebung in Kuba hinsichtlich der Ausreise ist anders, als sie im Artikel dargestellt wird. Seit 1991 dürfen KubanerInnern, die älter als 20 Jahre sind, ausreisen, vorausgesetzt, sie haben ein Visum des Ziellandes und jemanden, der ihre Reisekosten übernimmt. Ein erstes Ergebnis dieser Neuerung waren gesteigerte Zahlen „legal“ in die USA Reisender aus Kuba und „illegal“ dort Gebliebener. Dies veranlaßte die US-Behörden 1991 zur zeitweiligen Einstellung bzw. Beschränkung der Visaerteilung für regulär ausreisende KubanerInnen! (New York Times 4.8.91, S.L1+18) Das heißt, im Gegensatz zu früheren Jahren sind die meisten kubanischen Boat people nicht ein Ergebnis der kubanischen Ausreisebestimmungen, sondern der US- amerikanischen Einreisemodalitäten. Ein bedeutender Unterschied.
Ich möchte klarstellen, daß ich mich gegen Einschränkungen von Migrationsmöglichkeiten wende. Doch immer wieder wird versucht, aus diesen Menschen politische Fälle zu konstruieren und sie zu instrumentalisieren. Seit dem Fall der Berliner Mauer sind weit mehr Menschen aus der ehemaligen DDR in den „Westen“ eingereist als in den letzten zehn Jahren zusammen, ohne daß dies irgendeine Erwähnung oder gar politische Sprengkraft besitzen würde. Haitianische Boat people werden abgeschoben oder interniert, kubanische werden, solange man sich von ihnen irgendeinen destabilisierenden Effekt erhofft, begeistert gefeiert.
KubanerInnen werden begrüßt, wenn sie „illlegal“ ausreisen (und dies eben oftmals aufgrund der Unmöglichkeit einer „legalen“), sind in den USA jedoch unerwünscht, wenn sie „illegal“ bleiben und nicht zurückkehren. Im letzteren Falle taugen sie nicht als Helden. Die Massenauswanderung von Kuba in die USA 1980 war nicht ein „Vorgeschmack auf Zeiten, in denen in Kuba die Reisefreiheit eingeführt wird“ (taz), sondern wird in den USA als eine „Bedrohung“ aufgefaßt. Aus diesem Grund wurden bereits 1991 Pläne erarbeitet, wie man in einem solchen Falle zu verfahren gedenkt. Nämlich mit einer Seeblockade! (New York Times, ebd.) Martin Schuler, Berlin
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