■ Press-Schlag: Unschalkhaft
Ein holzgetäfelter, etwas heruntergekommener Saal mit endlos langen Bankreihen und Tischen. Über der Masse hängt ein kaum durchsichtiger Dunst von Bier und billigen, stinkenden Zigarren. Der, den man vorne am Rednerpult gerade so ausmachen kann, beschimpft wüst irgendwelche Leute, die Anwesenden grummeln, und plötzlich erhebt sich irgendwo aus dem Dunst eine Stimme zum Schrei. „Siebert, du alter Arsch, abtreten!“
So haben Jahreshauptversammlungen des FC Schalke 04, für die der Verein mindestens so bekannt geworden ist wie für seine sportlichen Erfolge, früher vielleicht einmal ausgesehen. Heute trifft man sich im „Sportparadies“, einer multifunktionalen Halle vis à vis des Parkstadions. Die 3.000 Mitglieder, die gekommen sind, sitzen brav auf ihren Sitzen, es herrscht Rauchverbot, und Bier gibt es nur alkoholfrei, also „unverbleit“, wie der Schalker auch sagt.
Der Präsident Günter Eichberg beginnt seinen Auftritt. Da gebe es einen Antrag, der darauf hinausliefe, den Vorstand in die Wüste zu schicken. Aber jetzt gebe es erst noch einmal den Bericht des Ersten Vorsitzenden, der er schließlich ja noch sei. Beifall brandet auf, und es scheint so, als sei die Entscheidung bereits gefallen. Eichberg reitet keine rüden Attacken. Er will, so sagt er, eine Schlammschlacht vermeiden, weil „die da“, gemeint waren die 120 Journalisten, nur darauf warten.
Der Machtmensch Eichberg wird hingegen erst recht spät vorgeführt. Nachdem die Argumente der Opposition unter tosendem Beifall abgeschmettert wurden, steigt Günter „Oskar“ Siebert, Schalkes Mann in Gran Canaria, in den Ring und drückt das aus, was die Mehrheit in der Halle denkt: „Wer soll den Verein denn retten, wenn nicht Eichberg. Ich weiß eigentlich gar nicht, weshalb wir hier noch wählen.“ Gewählt wurde dann schon noch, aber es blieb alles beim alten. Thomas Lötz
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