piwik no script img

Unsachlich - betr.: Bericht zur Flüchtlingsunterkunft Amsinckstraße, taz vom 11./12.5.1996

Betr.: Bericht zur Flüchtlingsunterkunft Amsinckstraße, taz hh v. 11./12.5.96

Sehr geehrte Damen und Herren,

(...) Ihr Artikel war lediglich provokant und sowieso unsachlich und wenig informativ und gibt keinen Anlaß zur Kooperation, die Sie ja wohl auch nicht wollen. Sie haben ohne Erlaubnis Privatgelände betreten, auf dem Sie Fotos gemacht und veröffentlicht haben, obwohl am Eingangstor ein deutlicher Hinweis des Zugangsverbotes montiert ist. Auch in private Räumlichkeiten sind Sie eingedrungen, obwohl auch hier ein Schild darauf hinweist, daß für fremde Personen der Zutritt verboten ist.

Sollten Sie Verbesserungen für die Menschen mit diesem Artikel bezwecken, sind wir gern bereit, mit Ihnen kooperativ zusammenzuarbeiten. Aber daran liegt Ihnen wohl nichts, sonst hätten Sie uns angesprochen. Wir laden Sie jedoch ein, einen Tagesablauf in der Amsinckstraße mitzuerleben. Unsere Hausmeister sowie unsere Sekretärin können Ihnen ein wahrhaftes Bild über unsere Arbeit machen. Hinterfragen und recherchieren Sie genau, bevor Sie veröffentlichen, oder haben Sie Bildzeitungs-Niveau?

Betreffend des Natodrahtes handelt es sich um einen Schutz von außen nach innen und nicht von innen nach außen. Wir werden aber den Zaun entfernen und gegen einen anderen ersetzen, um den Schutz der Kinder zu gewährleisten; denn Ihnen müßte bei Ihren „genauen“ Recherchen aufgefallen sein, daß sich hinter dem Draht ein Abhang zu einem Wasserareal befindet, und die Kinder sind hier ohne Zaun durch Ertrinken weitaus mehr gefährdet als durch Verletzungen. Außerdem handelt es sich nicht, wie bei Ihren „genauen“ Recherchen ausgeführt, um Bosnier, sondern um afghanische Flüchtlinge.

Ergänzend zu Ihrer Information: Was meinen Sie, wer die Einkaufswagen mitgebracht hat, mit denen die Kinder gespielt haben und sie dann (bevor sicherheitshalber der Draht gelegt wurde) ins Wasser haben rollen lassen? Die Angestellten unseres Hauses bestimmt nicht. Sollten Sie erneut über die Amsinckstraße berichten oder die Zustände hier verbessern wollen, so wären wir Ihnen über jede sachdienliche Unterstützung dankbar. Wir bitten Sie jedoch, nicht wiederum ohne unsere Genehmigung bzw. die des Sozialamtes Hamburg-Mitte, das für die Häuser und Bewohner zuständig ist, dieses Gelände zu betreten und Fotos zu machen.

Mit freundlichen Grüßen,

i.V. R. Hoffmann

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen