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Unruhen im IranWeitere Festnahmen in Teheran

Zahlreiche Journalisten und die Schwester der Nobelpreisträgerin Schirin Ebadi sind verhaftet. Das Parlament fordert inzwischen die Höchststrafen gegen Demonstranten.

Exil-Iraner protestieren in Paris vor der iranischen Botschaft. Bild: ap

BERLIN taz | Das Regime in Teheran hat auf die Unruhen vom Wochenende mit Festnahmen geantwortet. Mehrere Berater des Oppositionsführers Mir Hossein Mussavi, ein früherer Außenminister, zahlreiche Journalisten und Menschenrechtsaktivisten und hunderte Demonstranten sind seit Montag festgenommen worden. Unter ihnen befindet sich auch eine Schwester der Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi. Auch der populäre Journalist und Sprecher des Vereins zu Verteidigung der Pressefreiheit, Maschallah Schams Vaesin, wurde am Dienstag morgen aus seiner Wohnung abgeführt.

Die Vereinigung Reporter ohne Grenzen hat die Festnahme mehrerer Journalisten verurteilt. Die Regierung in Teheran wolle die "Augenzeugen des Blutbads vom 27. Dezember" einer Zensur unterwerfen, kritisierte der Verein am Dienstag in Paris. Außerdem seien während der Proteste die meisten Internet-Seiten gekappt worden, die unabhängige Informationen verbreiten oder mit der Opposition in Verbindung gebracht werden.

Oppositionsführer Mehdi Karrubi wurde am Montag nach einer Trauerfeier in einer Moschee in Teheran von einer Schlägertruppe angegriffen. Diese hätte die Windschutzscheibe seines Autos zerschlagen und sei geflohen, nachdem einige Menschen eingeschritten seien, berichtete die Website Karrubis.

Offiziell wurde zugegeben, dass bei den Demonstrationen am Sonntag acht Personen getötet wurden, darunter auch ein Neffe Mussavis. Doch den Verwandten wird nicht erlaubt, die Leichen zu bestatten. Die Polizei ordnete eine Obduktion an. Es wird vermutet, dass das Regime befürchtet, Bestattungszeremonien könnten zu weiteren Protesten führen. Auch sollen Untersuchungen die Behauptung staatlicher Medien bestätigen, "umstürzlerische Terroristen" bzw. "ausländische Agenten" hätten die Demonstranten getötet.

Auch das Parlament forderte ein härteres Durchgreifen gegen die Opposition und Höchststrafen für Demonstranten. "Das Parlament will, dass Justiz und Geheimdienste jene festnehmen, die die Religion beleidigen, und die Höchststrafe über sie verhängen", hieß es in einer von Parlamentspräsident Ali Laridschani verlesenen Erklärung. Allerdings machte Laridschani einen Unterschied zwischen "politischen Bewegungen, die die Reformer inmitten des Regimes" repräsentieren, und den demonstrierenden "Konterrevolutionären". Er forderte die Oppositionsführer auf, sich von den Protesten zu distanzieren.

Verärgert zeigte sich Teheran auch über Proteste des westlichen Auslands. Außenminister Manuchehr Mottaki warf der britischen Regierung vor, "Lügen" zu verbreiten. Außenamtssprecher Ramin Mehmanparast erklärte, nach den "undiplomatischen Bemerkungen des britischen Außenministers David Miliband werde der Londoner Botschafter einbestellt. Miliband hatte die Berichte über die Proteste "beunruhigend" genannt und den "Mut" der Demonstranten gewürdigt.

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12 Kommentare

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  • M
    murat

    @Hagedorn

    Es lebe die Anti-imperialistische Kampf der Muslime!!!

  • B
    @Brandauer

    1. Selten dämlich sowas in ner linken Tageszeitung zu schreiben

    2. Scheinen sie an Verlogenheit auch nicht zu überbieten zu sein, wenn sie es notwendig finden so einen sinnfreien, themafernen, dümmlichen Kommentar hier abzugeben.

     

    den mit diesem Kommentar szeigen sie wessen geistes Kind sie selbst sind.

     

    Schicken sie ihren Kommentar bitte an die Bild! Dort schaffen sie es vllt sogar auf die Titelseite.

     

    Setzen, Sechs!!

  • M
    mardan

    Diese sog. Exil-Iraner auf den Fotos in westlichen Medien sind alle Anhänger des Terror Organisation Volksmudschaheddin Iran oder politische Lumpen von Schah-Anhänger, die sich nur für V.I.P interessieren und sonst nichts anderes.

  • F
    franziska.qu

    Hm, niemand erwähnt mehr die Destabilisierungsbemühungen der USA gegen Iran. Mittels Geld, geheim operierenden US-Militärs, Falschinformation, schüren von Unruhen und Aufständen usw. Welche Konsequenzen beabsichtigen die USA wohl damit? Was erleben wir im Iran wirklich? Das, was uns die westlichen Medien und Politiker vermitteln möchten? Oder das Ergebnis dieser Destabilisierungsversuche?

    Ohne die iranische Regierung verteidigen zu wollen-manchmal lohnt ein Blick unter die Oberfläche. Die westlichen Medien liefern ihn uns nicht. Was ist hier die 'Wahrheit'?

  • P
    Publicola

    ad "roja":

     

    Manchmal ist es sinnvoll, sich Videos

    nicht aus dem Westen, sondern aus dem Iran anzuschauen

     

    wie z.B.

     

    http://www.youtube.com/watch?v=JWZLekY2ImA

  • P
    Publicola

    DAS BÖSE AUSLAND

     

    Damals ständig von nazi-zeitlich sozialisierten älteren Zeitgenossen in Gesellschaft, Politik und Presse behauptete „Beeinflussung“ der Demonstrationen der 60er/70er Jahre in W-Deutschland durch Ost-Berlin – massiv und riesig ??? – darum als Folge ???:

    "In den Bundestagswahlen zwischen 1972 und 1983 konnte die DKP maximal 0,3 % der Stimmen gewinnen"

    http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Kommunistische_Partei#Entwicklung_bis_1989

     

     

    Vor der behaupteten „Beeinflussung durch das Ausland“ (gemeint sind die Staaten der EU, USA, Israel, wahrscheinlich jedoch die ganze Welt ) ergab sich das offizielle Wahlergebnis (Zahlen des iran. Innenministerium) der Opposition von ca. 36 % ( - vermutlich wesentlich mehr! -)

    http://de.wikipedia.org/wiki/Iranische_Pr%C3%A4sidentschaftswahlen_2009#Proteste_gegen_die_Wahl

     

     

    WAS BEDEUTET EIGENTLICH EIN WAHLERGEBNIS VON CA. 35 % FÜR EINEN STAAT?

     

    Antwort:

    Als Wahlergebnis der deutschen Grünen-Partei bei der Bundestagswahl 2009 ergaben sich 10,7%, ein Durchschnittsergebnis wie schon im Durchschnitt über Jahre hin.

    Diese Prozentzahl von mittelfristigen ca. 10% hat dazu geführt, dass sämtliche Parteien in Deutschland und vermutlich in Europa ohne Umweltschutzprogramm sich nicht unter die Wähler wagen.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Bundestagswahl_2009

  • M
    Majo

    Wir wünschen den mutigen Frauen und Männern, die im Iran gerade ihr Leben für die Demokratie riskieren alles nur erdenklich Gute ! Gerade wir Deutsche wissen aus der Vergangenheit nur zu gut was es heißt unter einer Diktatur zu leben.

  • B
    Brandauer

    Ja wo sind Sie denn unsere linken Berufsempörten ?? Ihr linken seid an Verlogenheit wirklich nicht mehr zu überbieten.

  • H
    Hagedorn

    Wo sind denn alle Schmierfinken, die ihr Maul so gegen Israel aufreissen?

    Jetzt könnt Ihr Eure Kommentare schreiben, seid aber zu feige!!! Iran und der Islam sind eben

    nicht friedlich, demokratisch wie Israel.

  • B
    Bajaneiran

    Über 6 Monate Einschüchterung, Schläge, Vergewaltigung, Mord und immer noch lässt sich die Opposition nicht davon abbringen weiterzumachen. Im Gegenteil: wer bisher an der diktatorischen Struktur des Regimes zweifelte, ist nach diesen Monaten klüger. Hut ab vor diesem Mut! Diese Menschen haben der Welt gezeigt, dass der Iran mehr ist als nur Mullahs und Milizen.

     

    Der Iran ist in den Augen der Welt nicht mehr ein Hort wildgewordener Islamisten, sondern eine zivilisierte Nation, die bereit ist für ihre Bürgerrechte zu kämpfen. In dem Land, in dem vor 2500 Jahren erstmals die Menschenrechte verkündet wurden.

     

    Dies, liebe Roja, gilt völlig unabhängig von der Tatsache, ob "der Westen" dieses Land für seine Interessen missbraucht hat. Dies ist der alleinige Verdienst dieser Menschen.

  • R
    roja

    Der West ist wie der Pest, der die Welt bedroht!!!

  • H
    hschweizer

    Wann wird endlich Navy Pillay iher Stimme gegen diese groben Menschenrechtsverstösse erheben? Im Fall der Minrettinitiative zeigte sich die "Hohe Kommissarin für Menschenrechte der Vereinten Nationen" noch am selben Abend empört über diesen Verstoss gegen ein Menschenrecht. Ist sie in den Ferien?