: Unkritische Heldenverehrung
betr.: „Wo Fischfutter noch Heldentode stirbt“, taz vom 30. 6. 08
Ein schmaler Grat trennt oft die wissenschaftlich-kritische Auseinandersetzung mit Militärgeschichte von unkritischer Heldenverehrung. Selbst freiberuflich in der Museumsarbeit tätig, weiß ich um die notwendige Sorgfalt und Sensibilität bei der Auswahl, Präsentation und Kommentierung von Objekten. Das Tamm’sche Sammelsurium ist insofern kein historisches Museum und erhebt auch erkennbar keinen Anspruch in dieser Richtung. Die Präsentation der Exponate und die Dürftigkeit (und Unbedarftheit) der Exponattexte sprechen für sich. Vielmehr wird da auf beeindruckenden 12.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche eine Leistungsschau großbürgerlicher Sammelleidenschaft präsentiert, die sich in erster Linie als „Event“ für Hamburg-Touristen versteht – in einer Reihe mit Reeperbahn, Hafenrundfahrt und dem nur einen Kilometer entfernten „Miniatur Wunderland“.
Dem ernsthaft an der Geschichte der militärischen Seefahrt und des Seekrieges interessierten Besucher kann das von der Hansestadt mit 30 Millionen Euro subventionierte maritime Panoptikum – ein „privates Unterhaltungsmuseum“ nennt es die Zeit – nicht den Besuch in den einschlägigen Häusern in Bremerhaven und Wilhelmshaven ersetzen. Wie man Uniformen von Nazi-Kriegsverbrechern auch ausstellen kann, zeigt die Inszenierung einer Uniform von Reichsmarschall Hermann Göring, die wir im Luftwaffenmuseum in Berlin-Gatow für eine Sonderausstellung zur Geschichte des Eisernen Kreuzes geschaffen haben und die nun Teil der vor Kurzem neu konzipierten Dauerausstellung im alten Towergebäude ist. Besucher mit einem Hang zur Heldenverehrung haben daran allerdings keine Freude. OLIVER FREI, Alfter