: Unionsstreit ums Asylrecht
CSU fordert wieder die Abschaffung des Asylrechts, doch die CDU zieht nicht mit
von KARSTEN NEUSCHWENDER
Sogar Bundeskanzler Gerhard Schröder muss jetzt mal etwas klarstellen: „Wir sollten in Deutschland aus guten Gründen dabei bleiben, dass Menschen, die politisch verfolgt sind, in den Grenzen, die wir gezogen haben, auch weiter zu uns kommen können“, erklärte er im ZDF. Von einer Grundgesetzänderung könne „gar keine Rede“ sein.
Anlass für die deutlichen Worte war das übliche Stänkern der CSU gegen das Asylrecht: Auf ihrem Parteitag am vergangenen Freitag verabschiedeten die Delegierten erneut einen Appell, demzufolge das in der Verfassung verankerte Recht auf Asyl in eine institutionelle Garantie umgewandelt werden soll. Doch diesmal gab es Streit, auch innerhalb der Union. Der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber hatte betont, „Missbrauch und Überforderung unserer Integrationsfähigkeit“ müssten verhindert werden, um Spielräume für eine Zuwanderung von Fachkräften zu schaffen. Unterstützt wurde der CSU-Appell allerdings nur vom CDU-Fraktionschef Friedrich Merz. Nicht nur alle anderen Bundestagsparteien protestierten, auch aus der CDU kam heftige Kritik.
Der saarländische Ministerpräsident und Chef der Einwanderungskommission der CDU, Peter Müller, wandte sich strikt gegen eine Verfassungsänderung. Stattdessen sollten einfache gesetzliche Vorschriften neu gefasst werden, um die Asylverfahren zu beschleunigen. Müller sprach sich erneut für ein Einwanderungsgesetz aus, in das alle Zuwanderungsgruppen einschließlich der Asylbewerber einbezogen werden müssten. Exparteichef Wolfgang Schäuble warnte derweil, eine erneute Diskussion über das Asylrecht bringe der Union keinerlei Vorteile. Die Union wisse, „dass sie in der Mitte bleiben und der Mäßigung das Wort reden muss“, schrieb Schäuble in einer Kolumne für den Tagesspiegel.
Auch der designierte CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer lässt Sympathien für die Beibehaltung des Grundrechts auf Asyl erkennen. Ziel müsse sein, die Zahl jener zu begrenzen, die zu Unrecht Asyl beantragten und die Verfahren zu verkürzen. Wenn dies ohne Änderung des Grundgesetzes gelingen könne, würde er dafür plädieren, das Grundrecht beizubehalten. Die CDU-Chefin Angela Merkel blieb dagegen vage: Zuwanderung, Asylrecht und Integration gehörten für ihre Partei zusammen.
„Es gibt keinen Grund, das Grundrecht auf Asyl abzuschaffen“, erklärte der FDP-Vorsitzende Wolfgang Gerhard. Das jetzige Asylrecht sei eine historische Lösung, auf die Deutschland stolz sein könne. Wer wie die CSU behaupte, dieses Recht werde unterlaufen, um ungezählten Wirtschaftsflüchtlingen dauerhaften, unbeschwerten Aufenthalt zu gewähren, der hantiere in unverantwortlicher Weise mit den Fakten. Die Zahl der Asylbewerber sei von mehr als 400.000 im Jahr 1992 auf unter 100.000 zurückgegangen.
Der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, betonte in Berlin: „Die Infragestellung des Grundrechts auf Asyl durch die CSU stößt auf unser entschiedenes Nein.“ Die Bundesausländerbeauftragte Marieluise Beck (Grüne) zeigte sich davon überzeugt, dass es für eine Verschärfung des Asylrechts keine Mehrheit im Bundestag geben werde. Die CSU bemühe sich „nach Kräften, das ihr lästige Asylrecht“ im Fahrtwind der Debatte um die Zuwanderung von Arbeitskräften abzuschaffen.
Zugleich wies die Ausländerbeauftragte die Darstellung von CSU-Politikern zurück, 90 bis 95 Prozent der Asylanträge würden abgewiesen. „Dabei wird mit unendlich viel Mythen und Unwahrheiten hantiert“, sagte Beck. Unter dem Strich werde etwa jedem zweiten Flüchtling Schutzbedarf zugestanden.
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