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Archiv-Artikel

Uni bestraft Sparsamkeit

Neuer Ärger an der Universität: Kanzlerin nimmt Fakultäten deren Ersparnisse, um andernorts Finanzlöcher zu stopfen. Wiso-Fakultät sieht eigene Disziplin missachtet. Neues Centrum für Globalisierung und Governance sei bedroht

An der Uni Hamburg gibt es neuen Ärger um Finanzen. Wie jetzt bekannt wurde, hat Kanzlerin Katrin Vernau nach einem Kassensturz die Rücklagen der sechs Fakultäten aus den Jahren 2003 bis 2005 eingezogen. „3,2 Millionen Euro stehen nicht mehr zur Verfügung, da sie bereits verausgabt sind“, heißt es in einer „Informationsunterlage“ für den Haushalt 2007. Der frühere Uni-Präsident Jürgen Lüthje hatte zugesichert, die Fakultäten könnten 75 Prozent behalten.

„Damit ist unser Vertrauen in das Präsidium gestört“, sagt Professor Rolf von Lüde, Sprecher des Departments Sozialwissenschaften, die einen Teil der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften bildet. Deren Dekan Wolfgang Weber ergänzt: „Es bedeutet einen Verlust des Vertrauens in Spielregeln.“ Denn darauf, dass ein Beschluss des früheren Präsidiums nicht mehr gelten würde, habe man sich „im Traum nicht eingestellt“, so Weber.

Die Empörung verstehen hilft ein Blick auf das Finanzsystem der Uni: 15 Prozent des Personalhaushaltes seien ohnehin „nicht finanziert“, erklärt von Lüde. Die Fakultäten müssten diesen Teil durch das Freihalten von Stellen erst erwirtschaften. Wer sparen will, ersetzt deshalb freie Professuren zeitweise durch günstige Lehraufträge. „Das bringt eine hohe Sparrate, aber auch mehr Arbeit für uns übrige Professoren, weil Lehrbeauftragte nicht prüfen“, sagt von Lüde.

Das Department Sozialwissenschaften, dessen Fach Soziologie kürzlich von der Schließung bedroht war, wollte mit dem angesparten „hohen sechsstelligen Betrag“ das neu gegründete „Centrum für Globalisierung und Governance“ (CGG) absichern. „Wir haben es seinerzeit mit Hilfe von Lüthje gegründet, um herausragende Forschung an unserem Department zu bündeln und sichtbar zu machen“, sagt von Lüde. „Dies ist nachweisbar gelungen“. So habe man über das CGG „hochrangige Drittmittelprojekte“ und eine Exzellenzperpektive geschaffen. Das Geld des Departmements soll jetzt verbraucht sein, weil andere Fakultäten – etwa Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften (MIN) – rote Zahlen schrieben.

Mit der Unileitung würden Weber und von Lüde gerne über andere Lösungen reden. Denkbar wäre ein „temporärer Kredit“ für jene Fakultäten, die ins Minus rutschten. Auf ein Schreiben hin erklärte die Kanzlerin nur, zu ihrem Vorgehen gebe es keine Alternative. Kaija Kutter