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Unerwünschte Intimitäten

■ betr.: „Wie ein Flirt zur Parteikrise wird“ von Dorothee Winden, „Schutz vor charmanten Übergrif fen“ (Kommentar von Mariam Ni roumand), taz vom 26. 11. 96

[...] Das ganze riecht nach böser Absicht. Am Wochenende fand auf dem Parteitag in Suhl die Vorstandsneuwahl statt. Schon seit einiger Zeit kursierten Gerüchte, daß eine erneute Kandidatur Behbahanis einigen Leuten in der Partei unerwünscht sei. Für Abwahlen gibt es aber demokratische Verfahren; eine Schmutzkampagne gehört nicht dazu.

Das Verhalten einiger grüner Funktionäre hat den Politiker Behbahani zum Opfer gefordert. Es schadet auch der Migrantenbewegung, als deren profilierten Repräsentanten und Vertreter ihr Interessen wir Kambiz Behbahani schätzen. Brigitte Erler, Aktion

Courage e.V. – SOS Rassismus

[...] Ein „unerwünschtes Kompliment“ (seit wann sind Komplimente erwünscht?), eine „Berührung der Hand“ (ist das nicht der verglichen mit anderen harmloseste Körperteil?), und schon ist der Tatbestand der sexuellen Belästigung erfüllt. Daran ändert auch eine sofort ausgesprochene Entschuldigung nichts mehr.

Sollte Behbahani tatsächlich einen Fauxpas begangen haben, hat er ihn durch seine unverzügliche Entschuldigung doch sofort wieder gutgemacht! Was danach folgte, ist grünes Schmierentheater. Die Vermutung liegt nahe, daß man Behbahani loswerden wollte. Da gibt es doch bestimmt basisdemokratischere Wege, nämlich am Samstag den Parteitag in Suhl. [...] Ralf Höller, Bonn

So werden wir Frauen es nie weiterbringen, wenn wir die für uns so wichtigen Begriffe wie „sexuelle Belästigung“ derart inflationieren und für politische Intrigen mißbrauchen! Angelika Langenohl-Weyer,

Ascheberg

[...] Welche Frau hat es denn nicht schon erlebt, daß sie in der Kneipe oder, wie ich erst letzte Woche im Seminar in der Uni, unerwünscht von Männern berührt wurde. Spielt es dabei eigentlich eine Rolle, ob ein Mann mir die Hand tätschelt oder in den Arsch kneift? Beides ist eine Belästigung, weil es gegen meinen Willen geschieht. Soll ich etwa warten, bis mir einer mit Glied in die Bluse oder unter den Rock greift, bevor ich ihm in die Eier trete, oder habe ich nicht das Recht, von Anfang an klarzustellen: Mein Körper gehört mir, meine Hände ebenso wie meine Genitalien, und wer mich anfaßt, das bestimme immer noch ich! Und was die von Frau Niroumand verhöhnten „charmanten Komplimente“ betrifft, kann ich auch nur sagen: Auch was ich zu hören wünsche, bestimme ich allein, und mir braucht keiner mit Glied die Ohren vollzulabern, daß ich schöne Augen hätte oder süße Ohren etc. [...]

Grüne Männer sind eben auch nur Männer. Und warum sollte frau von ihnen mehr erwarten, als vom Normalmacho. Laßt doch im Falle eines Falles einen richtigen Machos so einen blöden Kommentar schreiben, den kann ich dann leserInnenbriefmäßig so richtig in der Luft zerfetzen, während ich für Frau Niroumand nur Mitleid habe. Die Frau hat absolut keine Ahnung oder will keine Ahnung haben, was Anmache und Gewalt gegen Frauen bedeutet. Kerstin Witt, Berlin

Ich bin ein Mann und kenne jene schutzsuchende Frau. Ich habe ihre Ungläubigkeit erlebt, als ihre Grenzen von einem „Parteifreund“ verletzt wurden. Ich habe ihre Deutlichkeit und ihren Mut darüber bewundert, wie sie ihre Grenzen aufzeigte. Ich habe ihre Verzweiflung erlebt, als diese trotzdem nicht respektiert wurden. Ich habe ihre Ohnmacht gespürt, bei dem Versuch, stellvertretend für viele andere bündnisgrüne Frauen sexuelle Belästigung parteiintern zu thematisieren.

Ich habe gedacht, daß sie Unterstützung bekommt von bündnisgrünen Frauen und Männern. Ich bin davon ausgegangen, daß sich eine Partei, die Gleichheitsgrundsätze schätzt, gegenüber Frau und Mann verantwortlich zeigen würde. Nichts davon ist geschehen.

So geschah es, daß ein sexueller Übergriff, der in einem anderen Artikel der gleichen Ausgabe bagatellisierend als „Flirt“ bezeichnet wird, eine „Parteikrise“ auslösen konnte. Jetzt wird versucht, diese Krise abzuwenden, indem die Empfindungen der Betroffenen in Frage gestellt werden.

Die Berichterstattung der taz folgt dem altbekannten Muster. Den zitierten Artikel und den ironischen Kommentar empfinde ich als polemische Meinungsmache und als Gewalt gegenüber einer Frau, die sich und andere vor unerwünschter Intimität schützen wollte. Das verletzt mein Gerechtigkeitsempfinden zutiefst, weil in beschämender Art und Weise das Opfer zur Täterin gemacht wird, um Schaden von der Partei und diesem „charmanten“ Mann abzuwenden.

Daher muß ich mit diesem Brief fragen, was haben die Grünen und was hat die taz in den letzten 20 Jahren eigentlich gelernt, daß Ihr nicht in der Lage seid, auch den Frauen in Euren eigenen Reihen den Respekt und den Schutz zu gewähren, der jedem Menschen zusteht? Eure Feigheit und Eure doppelte Moral hat bei mir zu Ratlosigkeit und zu tiefer Enttäuschung geführt. Gerd Heinen, Berlin

Durch redaktionelle Bearbeitungen sind meinem Text die Begriffe „parteiinterne Spürhunde“ und „Party- Unfall“ hinzugefügt worden. Sie transportieren eine Wertung, die von mir nicht intendiert war.

Dorothee Winden

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