Unabhängiges Medium „Newslaundry“: Indiens freier Medien-Watchdog

Die Gründer der indischen Nachrichtenplattform Newslaundry hatten ein Ziel: von Werbeeinnahmen unabhängig und medienkritisch zu berichten. Nun feiern sie 10-Jähriges.

Abhinandan Sekhri sagt: „In Indien werden nur sehr wenige Medienhäuser von Personen geführt, die ausschließlich in den Medien tätig sind.“ Bild: Donata Kindesperk

Von NATALIE MAYROTH

taz Genossenschaft, 07.05.22 | Leser:innen dazu zu bewegen für Nachrichteninhalte zu zahlen, das ist die Herausforderung, vor der sich viele Medienschaffende wiederfinden. Die indische Nachrichtenplattform Newslaundry hat sich dem bereits 2012 gestellt.

Für sie war klar, zu diesem Zeitpunkt waren es vor allem staatliche Nachrichtensender oder Zeitungen, die abhängig von Werbeeinnahmen sind, die den Mediendiskurs dominierten und durch diese Bindung nicht kritisch so berichten, wie es sich die Gründer:innen von Newslaundry vorgestellt haben, sagt Abhinandan Sekhri, 47. Mit den erfahrenen Medienmacher:innen Madhu Trehan und Prashant Sareen riefen sie deshalb eine Online-Plattform ins Leben. 

Trehan hatte in der Vergangenheit bereits erfolgreich das Printmagazin India Today auf den Markt gebracht, sowie Indiens erstes Video-Nachrichtenmagazin. Beim TV lernten sich Sekhri und Trehan kennen. Dass beide fürs Fernsehen gearbeitet haben, macht sich bemerkbar. Newslaundry (NL) ist stark bei Online-Formaten, Videos – und seit mehreren Jahren bei Podcasts aufgestellt. 30 feste Reporter:innen berichten auf Englisch und Hindi. 

47, ist einer der drei Initiatoren:innen und Geschäftsführer der indischen Online-Plattform Newslaundry. Vor dessen Gründung 2012 arbeitete er als Produzent, Regisseur und Autor an verschiedenen Fernseh- und Filmprojekten u.a. für den Sender India Today. Bei Newslaundry schreibt er medienkritische Stücke und ist im Wochen-Podcast „Hafta” (Woche) zu hören.

Reporters without Orders

Das Besondere an Newslaundry ist ihre Herangehensweise. Sie nehmen sich nicht immer zu ernst, aber das, was sich politisch und journalistisch im Land abspielt dafür sehr. Auf ihrer Website sind statt immer den gleichen Pressefotos oft Illustrationen zu finden. Sie veröffentlichen politische Comics, arbeiten mit Wortspielen. So heißt einer ihrer Podcasts „Reporters without Orders”, indem sie darüber sprechen, was in den Nachrichten war – und was nicht. Die Themen reichen von Politik bis Popkultur zu vertiefenden Einblicken beispielsweise über Debatten im indischen Parlament, die sonst manchmal untergehen. 

Newslaundry hat sich zum Ziel gesetzt, das aufzugreifen, was im Mainstream ignoriert wird. Sie sehen sich in der Rolle des „Media Watchdog” – und das ist auch eine der Kernkompetenzen des Leser:innen finanzierten Mediums. Denn nicht alle Inhalte sind auf Newslaundry frei zugänglich. NL verzichtet auf Werbung von Firmen und hat damit eine andere Finanzierungsgrundlage und zwar über Abos. Zunächst waren viele der Unterstützer:innen aus der Diaspora im Ausland, heute leben sie größtenteils in Indien, erklärt Abhinandan Sekhri. Er war ein Prozess. Mittlerweile hat Newslaundry 12.000 bis 14.000 zahlende Abonnent:innen.

Abos und Crowdfunding statt Werbung

Ein normales monatliches Abo kostet etwas mehr als bei einer englischsprachigen Zeitung in Indien (für den gleichen Zeitraum). Dafür gibt es Videos, Podcasts, Analysen und Diskussionen. Für Reise- und Recherche-intensive Projekte wie zu Wahlberichterstattung, Todesfällen in Polizeigewahrsam oder die Aufarbeitung von interreligiösen Unruhen setzen sie auf Crowdfunding. Nur für verdeckte Recherchen sei es schwierig, auf diese Weise Geld zu sammeln. Doch so bleibt den Leser:innen die Möglichkeit, gezielt Themen zu unterstützen. Bisher sind so gut wie alle Vorhaben erfolgreich gecrowdfundet worden.

Die Unterstützer-Kategorien bei NL sind an das Brettspiel Schach angelehnt vom Turm bis zum Großmeister:in und Teil ihrer „friedlichen Armee” (peaceful Sena) für „furchtlosen und unabhängigen” Journalismus. Mit diesem Modell will NL auch unabhängig von Clickbait sein, sagt Sekhri. Längst wurde Hass und damit Aufmerksamkeit zu einer Währung in den Medien. Diesem Trend folgt Newslaundry nicht. 

Repressionen

„In Indien werden nur sehr wenige Medienhäuser von Personen geführt, die ausschließlich in den Medien tätig sind. Viele von ihnen haben ihr Hauptgeschäft in der Öl- und Gasindustrie, im Bergbau, im Eisenhandel oder im Rohstoffhandel, was bedeutet, dass fast 90 Prozent der Einnahmen aus anderen Aktivitäten stammen“, sagt er. Die Medien, die sie besitzen seien quasi Teil der Marketingabteilung.

Dass Newslaundry einen Standpunkt verteidigt und politischen Ereignissen auf den Zahn fühlt, bekommen sie zu spüren. Zwei Mal gab es bereits Hausdurchsuchungen von den Steuerbehörden. All das kostet das Team viel Zeit, Energie, Ressourcen und Mühe. Doch dies ist nicht umsonst. Kürzlich hat Newslaundry 10-jähriges Bestehen gefeiert.

 

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