: Umweltverbände setzen auf den neuen Superminister
REAKTIONEN Gabriel soll Energiewende gegen die EU verteidigen – aber auch gegen NRW-SPD und kohlefreundliche Gewerkschafter
SYLVIA PILARSKY-GROSCH, BUNDESVERBAND WINDENERGIE
BERLIN taz | Die Berufung von Sigmar Gabriel (SPD) zum neuen Minister für Wirtschaft und Energie hat bei den Umweltverbänden der Bundesrepublik ein überwiegend positives Echo ausgelöst. Gut findet man dort, dass nach der Bündelung des Energiethemas im Wirtschaftsressort die traditionelle Blockade zwischen Wirtschafts- und dem Umweltressort aufgehoben ist.
Gleichwohl ist den Umweltverbänden bewusst, dass der neue Minister weder Politik gegen die EU machen kann – noch gegen seine Partei im Kohleland Nordrhein-Westfalen oder die energiewendekritischen Branchengewerkschaften. „Gabriel muss das Erneuerbare-Energien-Gesetz verteidigen, vor allem gegen die Angriffe aus Brüssel“, meint Rüdiger Rosenthal, Sprecher des Umweltverbands BUND. Zudem müsse der europaweite Kohlendioxid-Emissionshandel reformiert werden. Gabriel sei dieser Aufgabe gewachsen, als Ex-Bundesumweltminister habe er zudem genügend Erfahrung und Durchsetzungsvermögen.
Ähnlich äußerte sich der Naturschutzbund Nabu. „Es ist gut, wenn das Projekt Energiewende in einer Hand liegt“, so Sprecherin Kathrin Klinkusch. Die gegenseitige Blockade der bisherigen Ministerien sei beendet. Positiv sei auch, dass der Baubereich nun im Umweltministerium angesiedelt sei. Gerade bei der Gebäudedämmung könne jetzt viel mehr erreicht werden.
Über neue Ressortzuschnitte freuen sich auch die deutschen Verbraucherschützer, insbesondere über das neue Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz. „Es hat ein Initiativrecht für Gesetze und die nötige Neutralität, um sich ernsthaft für die Rechte der Verbraucher einzusetzen“, so Holger Krawinkel, Energieexperte des Bundesverbraucherschutzverbandes. Das neue Ministerium solle sich auch bei der Energiewende einbringen. „Verbraucherinnen und Verbraucher haben ein Recht darauf, dass diese kosteneffizient und gerecht umgesetzt wird.“
Etwas zurückhaltender äußerte sich die Windenergielobby. Der Koalitionsvertrag lasse breiten Raum für die Fortsetzung der Energiewende – aber auch für ein Abbremsen, so Sylvia Pilarsky-Grosch, Präsidentin des Bundesverbands Windenergie. „Ich setze darauf, dass der künftige Energieminister Sigmar Gabriel nicht vergisst, was er als Umweltminister 2005 bis 2009 begonnen und als Vorsitzender der SPD in das Regierungsprogramm seiner Partei geschrieben hat.“ Angesichts der Debatte über Strompreise und die Kosten der Energiewende dürfe es für die preisgünstige Windenergie an Land keine neuen Beschränkungen geben. RICHARD ROTHER