: „Umweltagentur braucht Kontrollrechte“
Europaparlament streitet gegen Umweltminister ■ I N T E R V I E W
taz: Sie haben gedroht, daß das Europaparlament die Gelder für die Umweltagentur - rund eine Million D-Mark - sperrt, falls der Rat die Agentur nicht mit Inspektions- und Kontrollrechten ausstattet. Warum?
Kenneth Collins: Wir glauben, daß die Umweltagentur nicht funktionieren kann, solange die Daten, die sie in den Mitgliedsstaaten sammelt, nicht vergleichbar sind. Es gibt im Moment große Unterschiede bei der Erhebung von Umweltdaten in den verschiedenen Ländern. Um den Zustand der europäischen Umwelt beschreiben zu können, muß die Agentur zumindest in die Lage versetzt werden, die Angaben der Mitgliedsregierungen zu überprüfen.
Bislang hat das Parlament gefordert, daß die Agentur auch die Umsetzung der EG-Umweltgesetze durch die Mitgliedsregierungen kontrollieren kann. Wurde diese weitergehende Forderung fallengelassen?
Ich würde nicht sagen, daß sie fallen gelassen wurde. Aber es gibt eine Kluft zwischen den Ansichten der Umweltminister und des Umweltausschusses. Sie wollen die Umweltagentur so schwach wie möglich halten, während wir das Gegenteil versuchen.
Sie haben angedroht, den Rat beim Europäischen Gerichtshof zu verklagen...
Ja, der Umweltausschuß hat beschlossen, den Rechtsweg zu beschreiten, weil der Rat die Positionen des Parlaments nicht genügend beachtet hat. Vor allem die weitergehenden Inspektions- und Kontrollfunktionen wurden von den Ministern nicht wahrgenommen.
Sind das nicht Aufgaben der EG-Kommission?
Nein. Die Kommission ist nach den EG-Verträgen eindeutig verantwortlich für die Durchsetzung der EG-Gesetze. Gerade im Umweltbereich ist die Kommission allerdings besonders schwach besetzt. Was wir deshalb brauchen, ist eine Agentur, die der Kommission Empfehlungen geben kann. Diese Aufgabe kann die vom Rat geplante Agentur nicht erfüllen.
Hat das Gerichtsverfahren überhaupt eine Chance?
Es muß erst noch vom Rechtsausschuß des Parlaments geprüft werden. Erst dann kann der Präsident des Parlaments Klage erheben. Das wird Mitte Juli sein.
Wie kommt es, daß das Parlament jetzt auf den Putz haut, aber vor einem Monat, als der Ministerrat die Agentur beschloß, schwieg?
Ich persönlich hatte mit dem Rat einen Kompromiß ausgehandelt, der vorsah, daß das Parlament im Vorstand der Agentur vertreten ist. Außerdem wurde verabredet, daß in zwei Jahren der Aufgabenbereich der Umweltagentur überprüft und ausgeweitet werden sollte. Darüberhinaus waren 35 weitere Änderungsanträge von uns und der Kommission verabschiedet worden, die der Rat jedoch ablehnte. Davon erfuhren wir allerdings offiziell erst vier Wochen nach der Entscheidung der Minister.
Der Ministerrat wird sich am Freitag (heute, d.Red.) erneut mit der Umweltagentur beschäftigen. Erwarten Sie, daß die Minister auf ihre Forderungen eingehen?
Nein, jetzt geht es lediglich um den Standort der Umweltagentur. In der engeren Wahl sind Kopenhagen, Straßburg-Kehl oder eine Stadt in Südeuropa - Mailand oder Madrid, obwohl die spanische Regierung sich am meisten gegen eine Agentur gewehrt hat.
Interview: Michael Bullard
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