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■ Senat beschließt SparpaketUmverteilen statt sparen

Beinahe scheint es, als sollten wir alle aufatmen. Der Senat hat seine Hausaufgaben gemacht und stellte sich gestern gleich selbst die guten Noten aus: keine Theaterschließung, trotz weiterer Stelleneinsparungen keine betriebsbedingten Kündigungen und neben den 10 Milliarden Landesvermögen, die verscherbelt werden, bleiben uns ja noch 120 Milliarden.

Seit Wochen werden wir aufs Sparen konditioniert, und fast alle sind wir zu kleinen Haushaltsexperten geworden. Begriffe wie Deckungslücke und Tafelsilber gehen uns mittlerweile mühelos über die Lippen. Selbst die Finanzsenatorin gilt uns als ehrliche Maklerin der Landesinteressen, der man auch die unangenehmen Botschaften, die sie verkünden muß, nicht übelnehmen kann.

Das soll wohl so sein. Was, wie und unter welchen Vorzeichen gespart werden soll, sind Fragen, die nur mehr die Finanzexperten in Klausur entscheiden können und bei denen eine gesellschaftliche Debatte nur störend wirkt. Aber sitzen wir wirklich alle im gleichen Boot? Warum soll man von einer alleinstehenden Mutter höhere Kita-Gebühren verlangen, wenn der CDU-Pate Landowsky jährlich 600.000 Mark einsackt? Warum sollen wir den Straßentunnel unter dem Tiergarten zahlen und nicht Haase, Diepgen, Böger?

Solche Fragen, sagen nun die „Experten“, sind natürlich unseriös und mit den „Sachzwängen“ nicht kompatibel. Aber wer hat die Sachzwänge geschaffen? Diejenigen, die der Sparkurs nun am meisten trifft? Daß es eine gesellschaftliche Debatte um den Umgang der Politiker mit dem Geld ihrer Wähler nicht gibt, ist allerdings auch die Schuld der Opposition und der Gewerkschaften. Wer nichts Besseres zu tun hat, als um hochsubventionierte Theater und Opernhäuser oder verwöhnte Staatsdiener zu bangen, hat sich wie die Kameralisten in der Koalition von der Politik verabschiedet. Die hört angesichts der leeren Kassen nämlich nicht auf, sondern hätte längst beginnen müssen. Doch nicht unter dem vorgegeben Konsens „Sparen“, sondern im gestalterischen Sinne einer sozial gerechten Umverteilung von Reichtum. Uwe Rada

Siehe auch Bericht Seite 4

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