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Überseehafen wird zugeschüttet

■ Senat beschloß 370 Millionen-Paket: Der Großmarkt soll umziehen, und das Überseehafen-Becken wird aufgefüllt

Der Überseehafen wird vollständig zugeschüttet, der Großmarkt wird dorthin umziehen – mit diesem Beschluß beendete der Senat gestern eine monatelange Diskussion: Die Großmarkt-Händler, die erheblich höhere Mieten befürchten müssen, hatten gedroht, sonst nach Weyhe abzuwandern. Der Senat will durch eine Subventionierung von 34 Prozent der 110-Millionen-Investition für das neue Großmarkt-Gebäude die Mietsteigerung gering halten. Das neue Gebäude soll den schönen Namen „Frische Zentrum“bekommen. Außerdem soll den bisherigen Pächtern der Umzug mit 7,5 Millionen Mark, ausgezahlt als „Mieterentschädigung“, leichter gemacht werden: Nur diejenigen, die „zur Neuansiedlung im Bereich des Überseehafens bereit sind“, bekommen die „Mieterentschädigung“. Auch das Grundstück am Überseehafen wird subventioniert: Investor „Hapeg“wird 30 Mark pro Quadratmeter zahlen.

Die „Herstellung“eines Gewerbegrundstückes auf dem Gelände, wo derzeit das weitgehend ungenutzte Hafenbecken Nostalgiker anzieht und an gute alte Zeiten erinnert, wird natürlich auch einige hundert Millionen Mark kosten. „Die Kostenannahmen sind zur Zeit nicht so fundiert, um Haushaltsentscheidungen treffen zu können“, steht in der Beschlußvorlage für die heute tagende Wirtschaftsdeputation. Es werden ungefähr 270 Millionen Mark an Kosten erwartet. Damit wären aber über die Großmarkt-Flächen hinaus noch 58 Hektar Gewerbefläche gewonnen. Da die Planungen für diese Maßnahme mehr als ein Jahr in Anspruch nehmen, wird mit dem Umzug des Großmarktes erst im Jahre 2002 gerechnet.

Einsamer Kritiker dieser Entscheidung war der Bausenator. Staatsrätin Ulla Luther will die stadtplanerische Qualität des Flusses überall dort, wo es möglich ist, mehr zur Geltung bringen. Auch im Bereich Überseehafen war sie daher dafür, aus stadtplanerischen Gründen das Wasser-Becken zu lassen und auf den Flächen rundherum Gewerbe anzusiedeln. In der Staatsrätekonferenz am Montag, auf der die Senatssitzung vorbereitet wurde, brachte sie daher noch einmal die Variante ins Spiel, den Großmarkt ins Gewerbegebiet Hemelinger Marsch umzusiedeln – dort wäre auch ein optimaler Autobahn-Anschluß vorhanden und erhebliche Kosten würden gespart. Wirtschafts- und Häfenressort hatten sich allerdings schon auf die Investition in das alte Überseehafen-Gebiet verständigt, so daß diese Alternative im Senat keine Chance hatte. Auch die Variante, zunächst nur den für den Großmarkt benötigten Teil des Hafenbeckens zuzuschütten – und damit 170 Millionen Mark weniger auszugeben – wurde vom Senat abgelehnt.

Zusammen mit der Herrichtung des alten Großmarkt-Geländes als Erweiterungsfläche für das Gewerbezentrum Airport (35 Millionen Mark) wird das gesamte Maßnahmepaket mit 370 Millionen Mark beziffert. Die verkehrliche Anbindung ist dabei allerdings noch nicht eingerechnet. Eine „Arbeitsgruppe“des Senats soll „Kostenannahmen und die verkehrliche Erschließung“unter Federführung des Wirtschaftsressorts konkretisieren – damit ist es zum ersten Mal gelungen, Flächen, die für Häfen-Zwecke nicht mehr benötigt werden, aus dem Zugriff des Häfenressorts herauszulösen. K.W.

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