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Überprüfungen bei Siemens Routine

■ Ex–Datenschutzbeauftragter von Siemens: Anfragen beim Verfassungsschutz durch Privatunternehmen haben keine Rechtsgrundlage / Auf Grünen–Anfrage hin wurde auf das Postministerium verwiesen

Von Luitgard Koch

München (taz) - Die generelle Sicherheitsüberprüfung von Siemens–Mitarbeitern in Bayern hat offensichtlich keine rechtliche Grundlage. In einem Brief an die bayerischen Grünen kritisierte der ehemalige Datenschutzbeauftragte Stollreither jetzt diese fehlende Rechtsgrundlage bei Überprüfungen von Beschäftigten in Privatunternehmen. Im März diesen Jahres hatte der Siemens–Betriebsrat in München zum ersten Mal einen Beweis für derartige Überprüfungen durch den Verfassungsschutz. In eienr schriftlichen Einverständniserklärung sollte ein Arbeiter einer „Regelanfrage“ zustimmen, obwohl sein angestrebter Arbeitsplatz mit dem sog. „sicherheitsempfindlichen“ Bereich nichts zu tun hatte. „Diese Anfragen sind mittlerweile Routine bei Informatikern und Mathematikern in der Nachrichtentechnik“, bestätigte gestern Siemens–Betriebsrat Heribert Fieber auf einer Pressekonferenz. Ausdrücklich betonte er, daß es sich dabei nicht um Bewerber für den militärischen Bereich handele. Daß jedoch eine Überprüfung „nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit“ erst dann eingeleitet werden darf, wenn der Betroffene tatsächlich in einem sicherheitsrelevanten Bereich eingesetzt werden soll, stellte auch Datenschützer Stollreither fest. Bereits 1984 hatte er die bayerische Staatsregierung auf eine fehlende Rechtsgrundlage für diese Praxis hingewiesen. Als „äußerst merkwürdig“ bezeichnete es Fieber, daß auf eine entsprechende Anfrage der Grünen im Bundestag hin auf das Postministerium verwiesen wurde. Die Überprüfung werde nicht durch das Ministerium veranlaßt. Vielmehr habe sich Siemens an das Postministerium gewandt, um zu erfahren, in welchen Bereichen nach den Regelungen der Bundespost Sicherheitsüberprüfungen notwendig seien. Die bayerischen SPD–Abgeordneten konnten nach einer Sitzung des Sicherheitsausschusses Anfang Juli (den Grünen wurde ein Sitz im Ausschuß verweigert) von der Notwendigkeit derartiger Überprüfungen überzeugt werden. „Als einen weiteren Fall der Erosion des Rechtsstaats und der bayerischen Vorreiterschaft“, kritisierte der Sprecher der bayerischen grünen Landtagsfraktion, Hartmut Bäumer, die Polizeiaktion und Ermittlungen der Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit den Warnstreiks der IG Metall im April dieses Jahres. Weil während der IG Metall– Warnstreiks im April etwa 800 Siemensarbeiter einen spontanen Demonstrationszug zu einem Münchner–Zweigwerk durchführten, soll der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende als „Rädelsführer“ 500 Mark an die Staatskasse blechen. Gegen diesen Angriff auf die „Streikautonomie“ wird die Gewerkschaft Anfang Januar 1988 vor dem Münchner Arbeitsgericht klagen.

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