: Über Unterstüzung muß erst nachgedacht werden
■ Bewohner ehemals besetzter Häuser im Westteil der Stadt über ihr Verhältnis zu den besetzten Häusern im Ostteil
Zu den Hausräumungen Ost-Berlin holte die taz Einzelstellungnahmen von Bewohnern ehemals besetzter Häuser im Westteil der Stadt ein. Die Häuser, die vor zehn Jahren besetzt wurden, konnten nur deshalb mit langfristen Nutzungsverträgen legalisiert werden, weil es eine große Empörung über die Wohnungspoltik gab und eine breite Unterstützungbewegung.
Nehringstraße 34 (Charlottenburg): Über die Räumungen werde auf dem heutigen Hausplenum geredet, hofft eine Bewohnerin. Sie glaubt jedoch, daß die »Power und Unterstützung«, die jetzt für die Häuser in Ost-Berlin nötig wäre, nicht in erster Linie von den ehemals besetzten Häusern zu erwarten ist. Der Grund: Die Befriedungstaktik des Senats habe hingehauen — die Leute seien jetzt mit ihren »eigenen Häuschen beschäftigt«. Regenbogenfabrik, Lausitzer Straße 22 (Kreuzberg): Räumungen seien immer Scheiße, wettert ein Mann am Telefon. Man müsse sich jedoch erst einmal infomieren. Wenn die Besetzung zum Beispiel erfolgt sei, als mit der Sanierung des Hauses begonnen werden sollte, sei der Fall problematisch. Im Prinzip sei es aber schon »korrekt« die Besetzer zu unterstützen. Wie, daß sollten die Leute in Ost-Berlin bestimmen und nicht die Westler. Bülowstraße 52 (Schöneberg): Einige Leute werden zur Demo gehen, andere nicht — wie immer« — erklärte ein Bewohner. Er selbst lehne Gewalt ab, weil sie zum Selbstzweck verkommen sei. Früher seien die Krawalle noch Ausdruck spontaner Empörung gewesen, jetzt würden sie strategisch vorbereitet. Der Bewohner betonte aber, daß er gern Kontakte zu den besetzten Häusern aufnehmen würde, um über mögliche Formen der Unterstützung zu reden. Fränkelufer 8 ( Kreuzberg): Eine Bewohnerin beschwerte sich darüber, daß in dem taz-Bericht über die Räumung die Frage im Vordergrund gestanden habe, ob der Polizeieinsatz friedlich gewesen sei oder nicht. Schließlich sei eine Räumung an sich schon eine gewalttätige Aktion. Vom Demoaufruf würden sich sicher einige Leute aus dem Haus angesprochen fühlen. Zu weiteren Formen der Unterstützung wollte die Bewohnerin keine Auskunft geben. Eines sei sicher: AL werde sie auf keinen Fall mehr wählen. Potsdamer Straße 130 (Schöneberg): Eine Bewohnerin fühlte sich fatal an die eigene Besetzerzeit erinnert: Schon damals seien »einige Häuser total verarscht« worden. Sie werde bestimmt auf die Demo gehen. Auf dem Hausplenum sei auch schon über andere Unterstützungsformen — wie eine Patenschaft — nachgedacht worden. Kerngehäuse, Cuvrystraße 20-23 ( Kreuzberg): Über eine mögliche Unterstützung werde auf dem heutigen Plenum geredet, auf die Demo würden bestimmt einige Leute gehen. Einzelne Kontakte zu besetzten Häuser gebe es schon länger. Es sei auch schon einmal Geld für Funkgeräte gesammelt worden, damit die Kommunikation unter den Häusern ohne Telefon aufrechterhalten werden könne.Luckauer Straße 3 (Kreuzberg): Ein Plenum, auf dem über politische Fragen nachgedacht werde, gebe es nicht mehr, bedauerte ein Bewohner. Einige in der Luckauer hätten »vielleicht« Kontakt zu Besetzern im Osten. Die Mehrzahl fühle sich davon nach zehn Jahren jedoch nicht mehr betroffen. Sie seien von Arbeit und Familie »völlig eingenommen«. plu
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