: Über Susanne Linkes Tanzsprache
„Die Folkwangschule gab mir das Brot, gab mir Vernunft und Realität, Mary Wigman gab mir alles andere, das Leben.“ Folkwang/Kurt Jooss und Mary Wigman: Was in der Vergangenheit nicht zusammenging, verbindet sich in der Person und Arbeit Susanne Linkes in einer sich produktiv ergänzenden Weise.
Realismus und Konkretheit von Kurt Jooss' Tanztheater und seiner schon wieder formalisierten tänzerischen Ausdruckssprache treffen in ihren Choreografien auf die eher intuitiv-emotionale Leidenschaftlichkeit und freie Bewegungssprache der Solistinnen des Ausdruckstanzes. Mary Wigman und Dore Hoyer nennt Susanne Linke als Vorbilder und Anreger für die eigenen Soloabende.
Beide hat sie noch aktiv erlebt. Von der Bedingungslosigkeit der Solotänze dieser beiden Künstlerinnen, ihrer Körperintensität, ihres unmittelbaren Einsatzes und Ausdrucks der eigenen Person – davon sind auch Susannes Solotänze, davon ist ihre Tanzsprache geprägt. (...)
Präzision, Ehrlichkeit und Radikalität als die wichtigsten Voraussetzungen der Arbeit bilden einen Schnittpunkt der Tradition mit der choreografischen Tätigkeit heute. Die Suche nach der Wahrheit des Ausdrucks – ein Erbe des Ausdruckstanzes generell – und die Radikalität gegen sich selbst wie gegen das Publikum bei dieser Suche: In diesem Bemühen könnte man eine Gemeinsamkeit der Choreografen von einst und heute erkennen. Susanne Linkes Solostücke zeigen, sind diese Radikalität; die Voraussetzungen der Arbeit erscheinen in ihnen wie bloßgelegt, ungeschminkt, ohne Rückendeckung für den Darsteller.
(Aus: Susanne Schlicher, TanzTheater. Traditionen und Freiheiten; Reinbek bei Hamburg 1987. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Rowohlt-Verlages)
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